München – Wer 15 Jahre Erfahrung im roten Trikot hat, weiß, wann man optimalerweise welche Worte in welche Richtung fallen lässt. Und so war es auch kein Zufall, dass Thomas Müller nach der müden Nullnummer des FC Bayern gegen Kopenhagen trotz seines ersten Startelfeinsatzes seit Anfang November nicht allzu viel über sich selbst redete – sondern die Fans in den Mittelpunkt stellte. In der Tat war die Jubiläums-Choreographie zehn Jahre nach dem Triumph von Wembley durchdacht und sehenswert gewesen, Müller nannte sie „fantastisch, brutal gut“. Und er fügte kleinlaut hinzu: „Ich hätte gerne mitgehalten.“ Dass das nicht gelungen war, wurmte ihn genauso wie die Südkurve.
Alle Seiten hatten ja durchaus hohe Erwartungen gelegt in dieses erste sogenannte Thomas-Müller-Spiel seit Anfang November. Am Ende blieb allerdings nicht mehr als ein engagierter Auftritt und eine vergebene Großchance per Kopfball im Gedächtnis. „Ich hätte mich gerne in die Torschützenliste eingetragen“, sagte der 34-Jährige, „aber wir haben den Ball nicht über die Linie bekommen.“ Und so wird die Müller-Frage die Bayern im Jahresendspurt weiter begleiten. Vor jedem der verbleibenden fünf Spiele sowieso – und als Grundsatz-Debatte auch. Umso mehr, weil Manuel Neuer seinen Vertrag bis 2025 verlängert hat und Müller jetzt am Zug wäre.
Stand jetzt gibt sich der Weltmeister als Muster-Reservist und -Moderator. „Wenn ich meinen Einsatz kriege, geht es mir darum, alles reinzuhauen, was drin ist“, sagte er nach den 90 Minuten von Mittwoch und warb sogar um Verständnis für Thomas Tuchel. Ein Trainer „müsse Entscheidungen treffen, dafür ist er da. Ob uns die als Spieler gefallen oder nicht … Wir halten schon ein bissl was aus.“ In seinem Fall gilt das für den Thomas Müller im Jahr 2023 eher als etwa den Thomas Müller 2018. Damals, unter Niko Kovac, dachte er an Abschied – und heute? Sagt er: „Wir sind ja nicht auf dem Ponyhof. Wir sind hier nicht im Streichelzoo. Wir sind beim FC Bayern.“ Und da geht es eben „darum, dass wir Spiele gewinnen. Da hat sich jeder unterzuordnen und gierig zu bleiben.“ Auch eine lebende Legende.
Im Moment gelingt Müller das gut. Und trotzdem macht er sich natürlich Gedanken. Die Entscheidung, bis 2025 Fußball spielen zu wollen, ist gefallen. Und nicht nur die Teamkollegen können sich den urigsten aller Ur-Bayern in keinem anderen Trikot vorstellen. „Thomas gehört zum FC Bayern. Wir kennen und schätzen seine Klasse“, sagte Neuer, der sich sicher ist: „Wenn der Thomas mit Bayern spricht und Bayern mit Thomas, dann klappt das auch.“ Die aktuelle Phase gilt als entscheidend für die Gespräche, in denen es um Vorstellungen, Perspektiven, aber auch Finanzen gehen wird. Einfach ist die Sache für keine der beiden Parteien.
Das Thema bleibt, aber Müller stören den die immer wieder selben Fragen im Gegensatz zu Tuchel noch nicht: „Damit müssen alle beim FC Bayern klarkommen.“ Trotzdem hielt er sich weiter bedeckt. Ein vielsagendes „Schauen wir mal“ rutschte ihm über die Lippen, bevor er in Müller-Manier anfügte: „Stellt euch vor, ich hab beim Heimfahren einen Autounfall. Schönes Restleben noch!“
Ein Witz der Marke makaber. Aber einer, für den ihn die Fans – seine Fans – so sehr lieben.