Der DFB und die U17

Endlich Disco auf dem Platz

von Redaktion

MATHIAS MÜLLER

Watutinki war gestern. „Kartoffeln“ und „Kanacken“ sind out. „Gangster“ und „Schwiegersöhne“ bilden heute die deutsche Nationalmannschaft. Zumindest in der U17, die sich am Samstag zum Weltmeister krönen will und der gelingt, woran die A-Elf zuletzt schmerzhaft scheiterte: Sie stürmte bisher mit Leidenschaft und Kampfgeist durchs Turnier. Christian Wück, der Papa der bunten Rasselbande, wählte vor dem Endspiel die genannten Begriffe augenzwinkernd und als Beispiel für ein funktionierendes Multi-Kulti-Team – aber auch in Anspielung an die Grüppchenbildungs-Diskussion im Anschluss an die desaströse A-WM 2018 in Russland.

„Es muss Disco-Lautstärke auf dem Platz vorhanden sein“, sagte Löw in seinen frühen Bundestrainerjahren. In Watutinki herrschte die nur bis tief in die Nacht an der Playstation – zumindest so lange, bis das W-Lan abgestellt wurde. Wer war gleich das Nachwuchsteam?

Party-Atmosphäre wünscht sich auch Philipp Lahm für den kommenden Heim-EM-Sommer. Der Turnierdirektor kann einem leidtun beim fast flehentlichen Werbetrommelrühren. Die Gruppenauslosung am Samstag könnte endgültig das deutsche Blut in den Adern gefrieren lassen. Österreich, Niederlande und Italien – lautet die mögliche Todesgruppe. Immerhin: Auf europäischer Ebene verkaufte man sich zuletzt anständig. 2012 (HF-Aus gegen Italien), 2016 (HF-Aus gegen Frankreich) und 2021 (AF-Aus gegen England) – das macht Mut. Die peinlichen Vorrunden-Aus-WM-Auftritte 2018 (Mexiko, Schweden, Südkorea) und 2022 (Japan, Spanien, Costa Rica) hingegen nicht. Aber sind wir ehrlich, alles Schall und Rauch und leicht wird für die verunsicherte Nagelsmann-Truppe gar kein Los. Die Rummeniggsche Demut ist angesagt. Und wer weiß. Manchmal – noch mal Fußballphilosoph Löw – „ergibt auch eine schwere Geburt ein schönes Kind“.

Die U17-DFB-Bilanz von 2014-Weltmeister Lahm ist übrigens überschaubar: 0 Spiele. Die Abwehr bildeten bei der WM 1999 stattdessen Florian Thorwart, Torsten Reuter und Michael Fink. Also: Die Jungs haben sich ihr Gangster-Schwiegersöhne-Wintermärchen verdient, eine Garantie für die Zukunft ist es aber nicht.

mathias.mueller@ovb.net

Artikel 1 von 11