München – Dass die Tage kommen würden, an denen ein großer Teil der Bundesliga-Konkurrenz im Einsatz ist und der FC Bayern nicht, ist seit 1. November bekannt. Und auch wenn die Niederlage in der zweiten Pokalrunde beim 1. FC Saarbrücken inzwischen ganz gut verdaut ist, schmerzen diese TV-Abende auf der Couch ein bisschen. Wer beim Rekordmeister spielt, will (und muss) in allen drei Wettbewerben ein Wörtchen um den Titel mitreden – das wissen diejenigen, die schon lange dabei sind, am besten. Daher ist es auch kein Zufall, dass Thomas Müller die aktuell fast fad wirkende Saisonphase als „hochspannend“ bezeichnet und einen kleinen warnenden Gruß an seine Kollegen schickt: „Die Konstellation birgt mehr Gefahr, als so mancher glaubt.“
Geäußert wurden die Worte in der monatlich verschickten Müller-Mail, die diesmal einige Weisheiten parat hält – nach dem Motto: „Achtung, zuhören! Müller spricht!“. Die Post des 34-Jährigen erreichte seine Fangemeinde am Montagabend und passt gut zur Rolle, die Müller in seinem – Stand jetzt – letzten Vertragsjahr im Team von Thomas Tuchel eingenommen hat. Damit dass der Weltmeister kein Stammspieler mehr ist, hat er sich abgefunden. Genauso aber ist ihm und den Verantwortlichen seine Unverzichtbarkeit als Leader bewusst. Dass Müller nun also öffentlich dazu aufruft, im Jahresendspurt alle „Kräfte zu mobilisieren, um endlich an die Tabellenspitze zu kommen“, wird vernommen werden. Genau wie seine Ankündigung, im Kampf um die „nackten Punkte in der Meisterschaft“ die Spannung hochzuhalten: „Noch mal Rock ‘n’ Roll, die Herbstmeisterschaft ist das Ziel.“
Zwar könnten die Bayern – wäre die Partie gegen Union nicht den Schneemassen zum Opfer gefallen – schon ganz oben stehen, müssen sich aber mit drei Punkten Rückstand auf Tabellenführer Leverkusen aktuell mit Rang zwei begnügen. Anders sieht es da in der Champions League aus, wo der Gruppensieg trotz der jüngsten Nullnummer gegen den FC Kopenhagen schon vor dem abschließenden Spiel am kommenden Dienstag bei Manchester United eingetütet ist. Hängenlassen ist für Müller trotzdem keine Option, er schreibt: „Wir werden das Champions League Jahr mit einer sauberen Leistung abschließen. Die Heldentaten finden dann im Frühjahr statt.“ Dafür allerdings „bringen uns zurückliegende Erfolge wenig“. Der Absturz von ManU sei ein gutes Beispiel dafür, „wie schwierig es im Profisport ist, dauerhaft an der Spitze zu stehen“. Also auch im sportlich unbedeutenden Spiel kommende Woche „auf’s Neue an die Grenzen gehen und eine klasse Leistung abrufen“.
Das hat sich Müller auch im Nationaldress vorgenommen, wo die Situation ein halbes Jahr vor Anpfiff der Heim-EURO düster wirkt. Dass er deshalb an die WM 2006 erinnert, ist clever. Mit Blick auf das gewünschte Sommermärchen 2.0 schreibt er: „Für mein Gefühl ist eine neue Ebene bei den Menschen in Deutschland untereinander entstanden, die dem Land gut getan hat. Es war einfach mehr als Fußball.“ Also bitte alle gut zuhören, wenn Müller spricht! Sonst sind am Ende im Sommer alle frustrierte TV-Zuschauer.