Frankfurt – In den Arm nehmen? Nein! „Wir spielen Profi-Fußball“, sagte Thomas Tuchel – und da dominieren nach einem 1:5 andere Gefühle als Traurigkeit. „Extrem sauer“ seien seine Spieler in der Kabine gewesen, führte der Trainer aus, Wut sei also der „vorherrschende Gemütszustand“ im heiligen Reich des Rekordmeisters gewesen. Das galt bei den meisten seiner Profis mit Blick auf die Teamleistung – vor allem aber mit Blick auf sich selbst.
„Fünf Gegentore ohne Fehler gehen nicht“, sagte Tuchel über die „eklatanten“ Patzer, die sich vor allem seine Hintermannschaft in Frankfurt geleistet hatte. Da wären die beiden schon zur Halbzeit ausgewechselten Außenverteidiger Noussair Mazraoui und Alphonso Davies, die bei den ersten Treffern schliefen; da wären die Innenverteidiger Dayot Upamecano und Minjae Kim, die durchweg desolat agierten; aber da wären auch Joshua Kimmich und Leon Goretzka, denen im Zentrum folgenschwere Fehler unterliefen. Unnötige Ballverluste, schlechtes Zweikampfverhalten, fehlende Abstimmung: Es gab deutlich mehr auszusetzen als zu loben. Tuchel hatte wie 58 000 andere im Stadion gesehen: „Wir sind knallhart bestraft worden.“
Der Trainer flüchtete in die Statistik und führte aus: „Wir haben 1.5 zu erwartende Tore zugelassen – und fünf kassiert.“ Natürlich war auch Frankfurter Spielglück dabei. Dass die Bayern aber für die eigentlich angeschlagene Eintracht nach vier Pleiten hintereinander im strömenden Regen zum Aufbaugegner wurden, lag vor allem daran, dass Frankfurt seine Chance kommen sah und zu nutzen wusste. Die Abwehr wackelte und der Rest war nicht da. So sah es auch Tuchel, der niemanden explizit anzählen wollte. Der 50-Jährige übte sich lieber diplomatisch in Kollektiv-Kritik: „Wir sind nicht in der Lage, uns in der Überzahl so zu verhalten, dass wir die Torgefahr erkennen.“ Und das ist für ihn „die eklatantere Schlussfolgerung als die Fehler“.
Ergo: Die Abstimmung muss deutlich besser werden. Das gilt vor allem für die Abwehrreihe, die ohnehin die Achillesferse in diesem Kader ist. Das Zusammenspiel zwischen Upamecano und Kim passt aktuell gar nicht und war in Frankfurt sogar Harakiri. Weil aber Matthijs de Ligt bis Ende des Jahres fehlen wird, muss das mit sich selbst beschäftigte Duo durchspielen. Zumindest so lange, bis im Winter ein gewünschter weiterer Mann für die Abwehr verpflichtet wird.
„Sky“ brachte am Wochenende den Namen Ronald Araujo ins Gespräch. Tuchel soll sogar schon mit dem 24 Jahre alten Barca-Verteidiger telefoniert haben. Der Transfer dürfte sich aber mit Blick auf den Marktwert von 70 Millionen Euro als schwierig gestalten. Tendenz: keine Chance.
Drei Spiele sind es noch bis Weihnachten. Und vielleicht nimmt Tuchel ja doch den einen oder anderen in den Arm. Bedarf wäre da. hlr, bok