Engelberg – Pius Paschke ließ sich nicht lumpen und pfiff im Engelberger Teamhotel eine rauschende Partynacht an – für die Verhältnisse des ruhigen Routiniers rauschend freilich. „Eine Runde Bier für alle“, kündigte der frischgebackene Weltcupsieger an: „Mehr packe ich eh nicht.“ Denn emotional verpacken musste der 33-Jährige vor allem, dass er zuvor ein sportliches Weihnachtsmärchen und vor allem Skisprunggeschichte geschrieben hatte.
„Im Moment ist das alles ein bisschen viel. Viele Gefühle, vieles durcheinander“, sagte der Mann mit dem frommen Vornamen, der im deutschen Team immer ein wenig unter dem Label Lückenfüller lief, keine zwei Wochen vor dem Beginn der Vierschanzentournee aber auf einmal eine große Nummer ist: „Endlich zahlt es sich aus.“
Sein Coup am Samstag, als er im zweiten Durchgang von Platz sechs zu seinem ersten Weltcupsieg sprang, ist mehrfach bemerkenswert: Nie war ein Skispringer beim ersten Erfolg älter, zudem löste Paschke Jens Weißflog als ältesten deutschen Gewinner ab. Und praktisch alle freuten sich aufrichtig für den Bilderbuch-Sportsmann.
„Der Pius“, sagte Andreas Wellinger, „ist einfach ein geiler Typ.“ Karl Geiger gönnte es seinem Kameraden „von Herzen. Bei seinem Durchhaltevermögen ist das mehr als verdient.“ Und selbst der dauercoole Bundestrainer Stefan Horngacher war gerührt: „Jeder weiß, welcher Fighter Pius ist, wie er immer zurückgekommen ist.“
Eigentlich ist ein Typ wie Paschke, ist eine Karriere wie die seinige im Leistungssport Skispringen nicht vorgesehen. „Ich habe nie zwingend daran gedacht aufzuhören. Aber ich habe befürchtet, dass ich irgendwann zu alt bin und mich das System ausspuckt“, sagte er einmal im Podcast Flugshow.
Mit fast 21 Jahren gab Paschke noch den Vorspringer im Weltcup, in einem Alter, in dem ein Wellinger schon seit rund drei Jahren Olympiasieger war. Daneben war Paschkes Heimat lange der Continental Cup, die zweite Liga des Skispringens, in der er weit über 200 Springen bestritt.
„Ich habe mir dort aber viel gelernt“, sagte er: „Manchmal habe ich schon gedacht, puh, bis zum Weltcup, das ist ein weiter Weg. Aber ich habe immer das machen dürfen, was mir Spaß bereitet hat.“
Und so blieb er dabei, während viele Teamkollegen hinschmissen. Und wurde spät belohnt: Ende 2017 holte Bundestrainer Werner Schuster den damals 27-Jährigen fix ins Weltcup-Team, Paschke biss sich fest, Erfolge tröpfelten ein: 2020 Team-Vizeweltmeister im Skifliegen, 2021 Team-Weltmeister, Ende November in Kuusamo das erste Weltcup-Podium und nun, im 128. Springen, der erste Sieg.
Am Sonntag ließ er dann Platz drei folgen. Karl Geiger als Vierter und Andreas Wellinger als Fünfter rundeten ein erneut ganz starkes Abschneiden der DSV-Adler ab. Weiter vorne als das deutsche Trio landeten nur die beiden Österreicher Stefan Kraft (fünfter Saisonsieg) Jan Hörl (323,9). sid