Inning – Es war ein Abschied, zu dem sogar 1860-Legende Schorsch Metzger (77), der seit vielen Jahren zurückgezogen in Herrsching lebt, auf den kleinen Friedhof St. Michael im Inninger Ortsteil Schlagenhofen kam: „Wir haben ja schließlich zusammengespielt…!“
Gut 200 Freunde, ehemalige Mannschaftskollegen und Fans begleiteten gestern Ferdl Keller, der vergangenen Montag mit 77 Jahren verstorben war, auf seinem letzten Weg. Meister-Löwe Fredi Heiß (82) verschob zu Ehren seines Freundes, Mitspielers und Golf-Kameraden sogar extra seinen Flug nach Teneriffa. „Wir waren sehr oft gemeinsam dort“, erzählte Heiß.
„Es gibt Menschen, die bleiben, auch wenn sie gehen. Ferdl war ein Löwe durch und durch, ein Sympathieträger, immer bodenständig, bis zum letzten Tag ein Lausbub und immer gut gelaunt“, charakterisierte Trauerredner Gerd W. Stolp aus Tutzing den ehemaligen Publikumsliebling des TSV 1860 München. Keller war ein Löwen-Idol, schaffte es 1975 als erster Zweitligaspieler in die A-Nationalmannschaft (ein Einsatz am 3. September 1975 beim 2:0 gegen Österreich), erzielte 95 Tore für den TSV 1860 München (nur Rudi Brunnenmeier war erfolgreicher) und wurde 1977 Europacup-Sieger der Pokalsieger. Allerdings nicht im blauen, sondern im rot-weißen Trikot –mit dem Hamburger SV. Insgesamt gelangen dem Mittelstürmer, den die Fans liebevoll den „blauen Gerd Müller“ nannten, 57 Tore in 125-Bundesligaspielen für 1860 und den HSV.
„Er war mein Mentor, als ich damals als junger Kerl aus Fürstenfeldbruck zu den Löwen kam. Der Ferdl hat mir viel geholfen“, erzählte Will Bierofka, einst Spieler und später Trainer bei den Blauen, am Grab, das u.a. Kränze vom TSV 1860 (natürlich weiß-blau), den gestern Vize Hans Sitzberger vertrat, und der TSG Pasing, Kellers Heimatverein, sowie drei Rosen-Herzen von seinen „drei Weibern“, Ehefrau Hilde, mit der seit August 1966 verheiratet war, Tochter Andrea und Enkelin Lina-Theres schmückte. Am schlichten Sarg ein Foto aus neuerer Zeit, im Altarraum eins im Nationaltrikot.
„Der Sport war sein Lebenselixier“, so Stolp – auch nach der Fußball-Karriere: In der Nähe von Kapstadt eröffnete er 1996 die „Villa Andrea“ (4 Sterne), von dort aus ging’s mit den Gästen zu den Golfplätzen Südafrikas, die ihn so sehr faszinierten, oder zum „Lion’s Head“, einem Berg namens Löwen-Kopf.
„Unheimlich tierlieb“ war er, der gebürtige Pasinger und gelernte Bäcker, der schon als Bub „nur Fußball im Kopf hatte“ und dreimal zu 1860 kam. Nicht nur die Löwen, auch seine beiden Hunde liebte er – genauso wie die Ausflüge auf den Heiligen Berg Andechs (wo er seinen 75. feierte) und die Steinpilze, die er an streng geheimen Stellen rund um seinen langjährigen Wohnort Schlagenhofen fand. Wo genau, verriet er nie.
Im April kehrte der 125-fache Bundesliga-Torschütze (1860, Hannover 96, HSV) wieder mal aus seinem alljährlichen Winter-Aufenthalt in Kapstadt zurück. Topfit war er da noch, aber kurz danach begann der Leidensweg mit undefinierbaren Schwindelanfällen. Kein Arzt konnte dem ehemaligen Profi helfen. „Er kämpfte bis zuletzt wie ein Löwe“, so steht’s in der Todesanzeige. „Aber dann hatte er keine Kraft mehr“, sagte Stolp. Keller, der „Sonnenschein der Familie“, schlief friedlich im Kreise seiner Lieben daheim in Schlagenhofen ein.
Der letzte Wunsch des Trauerredners (und wohl aller Trauergäste): „Ferdl, vergiss die Löwen nicht…“
THOMAS ERNSTBERGER