München – Ein paar Sekunden musste Minjae Kim (27) überlegen, bevor er sich dazu entschied, doch ein paar Worte über sein erstes Bundesligator zu verlieren. „English not good, I try“, warnte der Südkoreaner, der ansonsten stets wortlos an den Journalisten in der Mixed Zone vorbeizieht. Nach der besten Saisonleistung des Verteidigers hatte er aber allen Grund, seine Gedanken zum Spiel zu teilen.
„Als ich getroffen habe, dachte ich erst, es wäre ein Eigentor vom Stuttgarter Verteidiger gewesen“, sagte Kim über sein abgefälschtes Kopfballtor zum 3:0. Außerdem hätte er Angst gehabt, dass auch sein zweiter Treffer an diesem Abend vom Videobeweis aberkannt wird – schließlich wurde schon sein vermeintliches Debüt-Tor in der ersten Halbzeit nach minutenlangem VAR-Chaos zurückgepfiffen. Schiedsrichter Tobias Stieler zeigte in der 25. Minute nach einem Freistoß von Aleksandar Pavlovic (19), den Kim per Kopf versenkt hatte, eine Abseitsposition des Verteidigers an. Danach wartete er auf den Kölner Keller, um seine Entscheidung bestätigen zu lassen. Das Problem: Weil einige Kameras defekt waren, konnte der VAR keine kalibrierte Linie ziehen, um das Abseits zu belegen. Stieler musste somit auf seinen ersten Eindruck vertrauen und gab das Tor nicht.
Ob Kims Treffer tatsächlich regelwidrig war, blieb auch nach Abpfiff offen. „Das Gefühl nach dem ersten Tor war toll“, sagte Kim über die Szene. „Ich habe schon gejubelt, aber dann wurde es aberkannt. Das hat mich sehr traurig gemacht.“ Im Laufe des Abends belohnte er sich dennoch für seine starke Leistung. Neben seinem Treffer zum 3:0 war Kim als indirekter Vorlagengeber maßgeblich am 2:0 von Harry Kane (30) beteiligt, indem er den Stuttgarter Atakan Karazor (27) im Zweikampf dazu drängte, den Ball Richtung Kane zu köpfen. Im Verbund mit Dayot Upamecano (25) sorgten die Innenverteidiger außerdem dafür, dass die zuletzt so starke Stuttgarter Offensive kaum zu gefährlichen Torchancen kam.
Immer wieder war Kim dabei per Grätsche oder Tackling zur Stelle, darüber hinaus kamen 93 Prozent seiner Abspiele an den Mann. Viele davon überspielten das hohe VfB-Pressing, sodass für den Rekordmeister immer wieder schnelle Umschaltsituationen entstanden. Dafür gab es auch Lob von Trainer Thomas Tuchel (50). „Absolut top“ sei die Vorstellung gewesen. Die Innenverteidigung war „in Old Trafford schon sehr, sehr stark. Beide Verteidiger zeigen, welches Niveau sie spielen können“, so der Coach.
Tuchel gefiel dabei vor allem die Reaktion auf das 1:5 in Frankfurt am letzten Spieltag, woraufhin Kim sowohl in Manchester als auch gegen Stuttgart mit einer anderen Körpersprache aufgetreten ist. Bestes Beispiel: Nach einer Grätsche feierte sich der Innenverteidiger vor der Südkurve und stachelte so nicht nur seine Teamkollegen, sondern auch die eigenen Anhänger an. Eigentlich passen solche Aktionen wenig zum ruhigen Charakter des 27-Jährigen – aber an diesem Abend lief ja bekanntlich vieles anders als sonst. vt, hlr