München – Weihnachten in der Abstiegszone – was lange abwegig schien, könnte am Mittwochabend schmerzhaft konkret werden. Läuft es zum Jahresabschluss noch einmal besonders ungünstig – hohe Niederlage in Mannheim (wie 2019 das 0:4) – werden die Löwen auf einem Tabellenplatz überwintern, der ungute Erinnerungen weckt. Interne Unruhe, zusammengewürfeltes Team, verunsicherte Spieler und ein frühes Trainerbeben – ein bisschen erinnert der Niedergang an die Katastrophensaison 2016/17, die im späteren Abstieg aus der 2. Liga gipfelte.
Stefan Aigner, damals Kapitän (bis zu seinem Rücktritt im Februar), warnt davor, die Entwicklung auf die leichte Schulter zu nehmen. „Bei uns damals war es ähnlich“, sagte der 36 Jahre alte Ex-Profi im Gespräch mit unserer Zeitung: „Nicht jeder wollte es wahrhaben, dass wir unser eigentliches Ziel aufgeben mussten. Plötzlich gerätst du in einen Negativstrudel rein, musst dich dem Abstiegskampf stellen, das alles in einer Medienstadt wie München, wo dir jeder negative Bericht persönlich wehtut – dann ist es einfach schwer, da wieder rauszukommen.“
Zur Erinnerung: Mit Rückkehrer Aigner als Königstransfer waren die Löwen 2016 in eine Zweitligasaison gegangen, die den Aufstieg bringen sollte. Im Winter, auf Platz 14 liegend, wurde in großem Stil nachgerüstet, u.a. mit dem portugiesischen Trainer Vitor Pereira und Profis aus aller Herren Länder – das Ende ist bekannt: Die Erfolge blieben auch nach dem zweiten Trainerwechsel aus (zuvor: Kosta Runjaic und 15-Tage-Lösung Daniel Bierofka, damals Coach der U 21 wie heute Frank Schmöller), das Team war keine Einheit, fiel irgendwann auseinander.
Eine Entwicklung, die sich ab einem gewissen Punkt nicht mehr umkehren ließ. „Wichtig ist, dass man eine Einheit ist, die dann auch zusammenhält“, sagt Aigner, der inzwischen als U 19-Co-Trainer beim FC Augsburg arbeitet. Aus leidvoller Erfahrung weiß der Urbayer und Urlöwe: „Wenn du plötzlich unten drin steckst – da kommt eine ganz andere Energie zustande, als wenn du oben mitspielst. Das Wichtigste ist, dass du dir als Team eingestehst: Hey, wir sind jetzt im Abstiegskampf!“ Leider sei das zugleich aber auch das Schwierigste, „weil man natürlich doch insgeheim rechnet: Es sind nur so und so viele Punkte, um wieder oben ranzukommen“.
Ob das Löwen-Team 23/24 mit der Generation 2016/17 vergleichbar ist, weiß Aigner nicht, dafür ist er zu weit weg. Was Aigner aber weiß: Interne Querelen, damals wie heute an der Tagesordnung, können ein Team in sportlich schwieriger Lage zusätzlich belasten. „Ich kenne keine Interna, aber selbst ich bekomme mit, dass es immer wieder Streitereien gibt, dass man auf keinen gemeinsamen Nenner kommt.“ Umso wichtiger, als Signal nach außen wie innen, sei, dass die Mannschaft heute Abend ein Lebenszeichen von sich gibt: „Ich hoffe, dass die Jungs anders als wir damals den Schalter umlegen. Gerade im letzten Spiel vor Weihnachten ist es wichtig, dass man noch mal mit einem Erfolgserlebnis rausgeht.“ Dass Jesper Verlaat & Co. in Mannheim „frei von der Leber weg“ aufspielen, glaubt der Ex-Löwe zwar nicht. Aber: „Damals haben wir viel Qualität im Kader gehabt, die wir nicht auf den Platz bringen konnten. Heute ist alles noch viel früher in der Saison.“ Noch sei es nicht existenzbedrohend, wenn ein Manni Starke wie in Bielefeld frei vor dem Tor über die Latte schießt – was Aigner mitfühlend auf „verloren gegangenes Selbstvertrauen“ zurückführt.
Obwohl der Wahl-Pöckinger inzwischen nicht mehr jedes 1860-Spiel live verfolgt, drückt er seinem Herzensverein die Daumen. Dass es nicht endet, wie es vor sieben Jahren geendet hat. Und wer weiß: Vielleicht kehrt Aigner irgendwann sogar (ein weiteres Mal) an die Grünwalder Straße zurück. „Vorstellen kann es mir natürlich“, sagt er, „aber erst mal mache ich den A-Schein, sammle weiter Trainererfahrung. Alles andere ist gerade sehr weit weg.“