„Steh’ auf und hau’ ihn zurück“

von Redaktion

Wolfsburgs Verteidiger Jenz über das Bayern-Duell und seine harte Ausbildung in England

Wenn der FC Bayern im letzten Spiel des Jahres beim VfL Wolfsburg antritt (20.30 Uhr, Sky), ist es seine Aufgabe, der Münchner Offensive das Leben schwer zu machen: Moritz Jenz ist als 16-Jähriger in die Jugend vom FC Fulham gewechselt, seit dieser Saison spielt er bei den Wölfen. „Man wird früh abgehärtet“, sagt der 24-Jährige über seinen ungewöhnlichen Werdegang, der ihn bereits nach London, Lorient und Glasgow geführt hat. Im Interview mit unserer Zeitung verrät der gebürtige Berliner, warum er sich Hoffnungen auf die Heim-EM macht und welche Rolle Julian Nagelsmann dabei spielt.

Moritz Jenz, der VfL Wolfsburg trifft im letzten Spiel des Jahres auf den FC Bayern. Wie bereitet man sich als Innenverteidiger auf Kane, Sané & Co. vor?

Es ist wie bei jedem anderen Spiel: Man schaut vorher nicht darauf, welcher Spieler genau auf einen trifft, sondern bereitet sich insgesamt auf den Gegner vor. Dafür werden wir sicherlich auch nochmal aufs Bayernspiel gegen Frankfurt blicken und analysieren, welche Dinge wir davon für uns nutzen können.

Was bedeutet das für Ihr Spiel?

Gegen Bayern ist die Qualität vom Gegner so hoch, dass sie den meisten Ballbesitz haben und wir viel leiden müssen. Aber das gehört dazu. Wir werden uns darauf konzentrieren, die Schwachstellen, die sie uns bieten, auszunutzen.

Ihr Trainer Niko Kovac kennt den FC Bayern sehr gut – ein Vorteil?

Er weiß immer noch, wie die Spieler aus seiner Bayern-Vergangenheit ticken und was sie können. Es sind aber auch viele andere neu dazugekommen, auf die wir uns vorbereiten müssen.

Sie haben als junger Spieler schon viele unterschiedliche Ligen und Vereine miterlebt. Wie wirkt sich das auf die eigene Entwicklung aus?

Ich hatte schon früh das Glück, in verschiedenen Ligen zu spielen: in Frankreich bei Lorient, für Celtic Glasgow und Schalke 04, jetzt in Wolfsburg. Das sind alles große Vereine. Mir tat das sehr gut, denn als Spieler kenne ich dadurch ganz verschiedene Situationen. Ich weiß, wie es ist, wenn man eine schwierige Phase hat oder wenn es umgekehrt sehr gut läuft. Ich hoffe immer, dass ich diese Erfahrung weitergeben kann und den Jungs damit helfe.

Sie sind schon mit 16 Jahren in den Nachwuchsbereich von Fulham gewechselt. Hilft die britische Härte, um sich als Innenverteidiger durchzusetzen?

Man wird früh abgehärtet (lacht). Bei Fulham hatten wir einen alten englischen Trainer. Da wurde immer in kurzer Hose und Shirt trainiert, egal wie kalt es war. Wenn man im Training gefoult wurde und gemeckert hat, hieß es nur: „Steh’ auf und hau’ ihn zurück!“ Das war die alte Schule.

Ein hartes Pflaster für einen Jugendspieler.

Ich habe einmal versucht, mit gelben Fußballschuhen zu trainieren. Noch bevor ich den Platz erreicht habe, wurde ich vom Trainer mit der Ansage reingeschickt: „Entweder du kaufst dir jetzt ein schwarzes Paar, oder du übermalst sie mit einem Edding!“

Später ging es nach Glasgow.

Wie war es, als junger Spieler in Schottland aufzulaufen?

In meinem ersten Auswärtsspiel gegen Ross County habe ich das entscheidende Tor gemacht. Kurz vor Schluss stand es 1:1, dann habe ich getroffen und bin zum Jubeln in die Menge gelaufen. Das war unglaublich.

Angeblich haben Sie diesem Treffer ihren alten Spitznamen „Mercedes“ zu verdanken. Wie kam es dazu?

Die Fans sind beim Tor ausgerastet. Nach dem Spiel hat dann ein Anhänger meinen Kopf auf einen Mercedes gephotoshopped. Ein neues Meme war geboren und ich hatte einen neuen Spitznamen: Mercedes Jenz. In Deutschland habe ich dann neue Spitznamen bekommen, aber in Glasgow nennen mich die Fans immer noch so.

Im nächsten Jahr steht eine Heim-EM vor der Tür. Schielen Sie auf eine Nominierung im März?

Eine EM im eigenen Land ist immer etwas Besonderes. Außerdem hat man gesehen, dass der Bundestrainer auch Spieler wie Chris Führich für starke Leistungen im Verein belohnt. Für mich ist aber gerade am wichtigsten, sich auf unsere Mannschaft zu konzentrieren und meine Leistungen hier abzurufen. Alles, was darüber hinaus passiert, wäre ein schöner Bonus für den VfL und mich.

Spieler wie Führich oder Kevin Behrens haben genau wie Sie nie in den Jugendmannschaften des DFB gespielt, sondern sind erst später für die A-Mannschaft nominiert worden. Ist Julian Nagelsmann eine besondere Motivation, um sich für die EM zu empfehlen?

Ich finde, dass es nicht so wichtig ist, ob man in der U-Nationalmannschaft gespielt hat – schließlich wird man später nur nominiert, wenn man im Verein seine Leistungen bringt. Es kommt also auf mich an. Wenn ich konstant performe und Julian Nagelsmann gefällt, was ich mache, dann wird er sich vielleicht melden. Das würde mich natürlich sehr freuen.

Interview: Vinzent Tschirpke

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