Nyon – Das mit ruhiger Stimme auf Spanisch vorgetragene Super-League-Urteil aus Luxemburg versetzte die alteingesessenen Kräfte im europäischen Fußball in einen Schock. In nicht erwarteter Deutlichkeit straften die Richter des Europäischen Gerichtshofs am Donnerstag die internationalen Verbände UEFA und FIFA für deren Monopol ab. Ein Konkurrenzprodukt zur Champions League muss laut EU-Recht grundsätzlich möglich sein – auch, wenn sich nach der Verkündung gleich wieder großer Widerstand formierte.
Das Urteil ändere „nichts an der Haltung des FC Bayern und an der Haltung der ECA, dass ein solcher Wettbewerb einen Angriff auf die Bedeutung der nationalen Ligen sowie die Statik des europäischen Fußballs darstellen würde“, sagte Jan-Christian Dreesen als Vorstandsvorsitzender des FC Bayern und Vize der mächtigen Club-Vereinigung ECA auf Anfrage. Ähnlich äußerte sich BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: „Für Borussia Dortmund gilt völlig unabhängig von den Diskussionen rund um das Urteil: Für eine Super League stehen wir nicht zur Verfügung.“ Die Fan-Organisation Football Supporters Europe (FSE) schrieb bei X, es gebe keinen Platz für „eine abtrünnige Super League“.
Schnell ging es um die Deutungshoheit des Richterspruchs. Die Europäische Fußball-Union verwies darauf, dass das EuGH-Urteil keine „Billigung oder Bestätigung der sogenannten Super League“ bedeute. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin sagte, das bestehende Modell sei sogar gestärkt worden, weil die Verbände in der Zwischenzeit ohnehin ihre Regularien verbessert hätten. Mit bissiger Ironie fügte er an, wer möchte, könne zu jeder Zeit seinen eigenen Wettbewerb spielen: „Ich hoffe, dass sie ihren fantastischen Wettbewerb so bald wie möglich mit zwei Clubs starten.“ Angespielt hatte der Slowene damit auf Real Madrid und den FC Barcelona – die aktuell einzigen offenen Unterstützer des Projekts.
Fakt ist, dass das höchste europäische Gericht entschieden hat, dass die FIFA und UEFA andere Wettbewerbe nicht grundsätzlich von ihrer Genehmigung abhängig machen und Vereinen und Spielern nicht verbieten dürfen, an diesen Bewerben teilzunehmen. Das bedeute allerdings nicht zwangsläufig, dass die Liga genehmigt werden müsse, so die Richter.
Die Regeln, die FIFA und UEFA die ausschließliche Kontrolle über die kommerzielle Rechteverwertung der Wettbewerbe einräumen, würden den Wettbewerb in der EU einschränken. FIFA und UEFA würden ihre dominante Marktposition missbrauchen, hieß es im Urteil. Die bislang geltenden Regeln der Verbände seien nicht so ausgelegt, dass sie in jedem Fall transparent, objektiv, nicht diskriminierend und verhältnismäßig seien.
Die Initiatoren der Super League feierten die Entscheidung als großen Sieg. „Der Fußball ist frei“, sagte der frühere RTL-Manager Bernd Reichart für die Agentur A22, die das Projekt vertritt. „Heute beginnt eine neue Ära.“ Einer der Kernpunkte der neuen Wettbewerbe sei, dass die Fans alle Spiele „live und kostenlos über eine neue digitale Streaming-Plattform verfolgen“ können, heißt es im konkretisierten Vorschlag. Im Männerfußball geht es um ein dreistufiges Ligen-System mit 64 Vereinen. Bei den Frauen sollen in zwei Ligen insgesamt 32 Clubs mitspielen. Nur wer, ist noch unklar. Laut Reichart gäbe es aber Vereine mit Interesse. dpa