Krisengebeutelt unter dem Christbaum

von Redaktion

Die Löwen an Weihnachten 2023: Kein Trainer, kein Torjäger – und Abstiegskampf vor Augen

VON ULI KELLNER

München – Am Tag danach: Abstand gewinnen (wobei „gewinnen“ im Zusammenhang mit 1860 ein Oxymoron ist). Für Übergangstrainer Frank Schmöller war nach der zweiten Pleite mit den Profis Schluss. Die Sondergenehmigung des A-Lizenz-Inhabers läuft ab. Schmöller (57) kehrt zum U-21-Team zurück – und an seinen Schreibtisch bei BMW, wo er trotz nächtlicher Busheimreise aus Mannheim um 9 Uhr erwartet wurde. Jesper Verlaat & Co. dürfte es etwas leichter fallen, das unglückliche 0:1 beim Abstiegskonkurrenten SV Waldhof zu verdauen. Seit gestern ist offiziell Urlaub – und den haben die gebeutelten Löwen dringend nötig.

Fünf Pflichtspielpleiten in Folge, alle ohne eigenen Torerfolg – es ist ein in jeder Hinsicht trübes Weihnachtsfest, auf das der Tabellen-15. der 3. Liga zusteuert. Wo man auch hinschaut: Probleme. Kein Trainer, kein Stürmer, keine Einigung bei der Besetzung des Sportchefpostens, kaum Hoffnung auf bessere Zeiten. Ein Überblick über den Ballast, der die Löwen unter den Christbaum begleitet.

Trainerfrage

Schmöllers Angebot, zu helfen, steht. Doch erstens fehlt ihm die Profi-Zulassung. Und zweitens der Ergebnis-Booster. Gute Ansätze in Bielefeld und Mannheim reichen nicht aus, um seinen Verein dazu zu bewegen, das Pro-Lizenz-Problem mit Geldstrafen an den DFB auszugleichen. Die Löwen werden sich um einen neuen Trainer bemühen müssen – ohne Not, wie Robert Reisinger findet. In einem von t-online geleakten E-Mail-Streit mit Marc-Nicolai Pfeifer wirft der Präsident dem Geschäftsführer vor, für unnötigen Druck gesorgt zu haben – weil im mit Jacobacci entlassenen Stefan Reisinger ein Co-Trainer mit der passenden Lizenz im Haus gewesen wäre. Immerhin: Es mangelt nicht an Kandidaten. Angeblich haben sich 60 Trainer proaktiv beworben. Nach der Absage von Daniel Bierofka (zum BFV) und der Stallgeruch-Debatte um Tobias Schweinsteiger gelten Marco Antwerpen und Dirk Schuster als heiße Kandidaten, die letzten beiden Trainer des 1. FC Kaiserslautern. Ebenso Ex-Löwe Alex Schmidt von Gorenzel-Club Klagenfurt (U18).

Sportcheffrage

Der Termin steht, es wurde fristgerecht geladen. An diesem Freitag ab 14 Uhr soll der Beirat der Geschäftsführungs GmbH darüber abstimmen, ob Christian Werner den Job als Sportgeschäftsführer bekommt und somit Günther Gorenzel beerbt – 175 Tage nach dessen Flucht in die Heimat. Die Tendenz ist klar: Die beiden HAM-Vertreter (Stimoniaris, Livingston) werden gegen den promovierten Sportwissenschaftler stimmen, die beiden e.-V-Vertreter (Reisinger, Walch) für ihn. Ismaiks Leute sind der Meinung, dass sich der Ex-Scout des SV Waldhof erst mal als „normaler“ Sportchef bewähren soll – was wiederum die Vereinsvertreter dreimal abgelehnt hatten. Eile ist in jedem Fall geboten, denn es steht die sportliche Weichenstellung für die Rückrunde an, in der die Löwen ihren Kader auf Abstiegskampf ausrichten müssen. Zudem warten Leistungsträger mit auslaufenden Verträgen (u. a. Verlaat) auf Signale von oben.

Sturm- und Torkrise

In Köln feierten die Jecken den „Elften im Elften“, als die Löwen 250 Kilometer weiter in Saarbrücken ihr letztes Drittligator bejubelten, sechs Wochen ist das jetzt her. Da momentan völlig unklar ist, wann und ob Joel Zwarts wieder fit wird, muss der neue Sportchef Ersatz ranschaffen – und erst mal ein paar Spieler abgeben, damit finanzielle Mittel frei werden. Klar ist: Fynn Lakenmacher wirkt überfordert mit der Rolle des alleinigen Stoßstürmers. Und klar ist auch, dass Profis wie Bonga, Frey und Sulejmani verzichtbar sind.

Einziger Lichtblick: Den Löwen wurde von den Wirtschaftsprüfern die positive Fortführungsprognose ihrer KGaA testiert. Eine Zitterpartie wie früher bleibt dem TSV erspart. Das wurde vom Verein am Donnerstagabend bestätigt – die einzige frohe Botschaft in ansonsten trostlosen Weihnachtstagen.

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