München – Er ist einer der großen Leitwölfe im Team des EHC Red Bull München. Ben Smith hat als Eishockey-Profi gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Vor der Partie am Samstag (16.30 Uhr, Olympia-Eisstadion) gegen die Iserlohn Roosters, nimmt der 35-Jährige vor allem die EHC-Profis in die Pflicht.
Herr Smith, kurz vor dem Jahreswechsel ist der Gejagte der Jäger. Sie kämpfen um den Anschluss an die Spitze. Ungewohnt?
Ja, wir stehen nicht ganz da, wo wir gerne sein wollten. Wobei man auch sagen muss: Jeder macht gegen uns sein bestes Spiel. Jeder will den Meister schlagen. Wir müssen mit noch mehr Intensität spielen und Wege finden, mehr Punkte zu holen.
Sie haben ein straffes Programm mit vier Spielen bis zum Jahresende vor sich. Gegen Gegner, gegen die sie meist gut aussahen…
Ehrlich gesagt, es geht nicht um die Gegner. Es geht darum, wie wir spielen. Wenn wir pressen, laufen, wie etwa am Sonntag gegen Schwenningen, dann sind wir schwer zu schlagen. Es geht darum: Wie viel Einsatz und Power bekommen wir aufs Eis. In diesen Bereichen müssen wir konstanter werden.
Zumindest sollten Sie sich keine Tiefs mehr leisten…
Ja, da hatten wir schon einige. Sollte nicht sein, aber es ist auch nicht so ungewöhnlich, dass dir als Meister zu Beginn der Folgesaison ein paar Prozent fehlen. So lief das auch, als ich in Mannheim gespielt habe. Wir waren Meister und sind dann eher langsam in die nächste Saison gestartet.
Wobei die Ausschläge nach unten zuletzt kleiner wurden. Hat sich die Mannschaft nach dem Wechsel zu Toni Söderholm gefunden?
In den letzten Wochen hat man da schon eine Veränderung gesehen. Ich denke, wir haben unsere Identität gefunden. Zu den Dingen, die uns auch im letzten Jahr stark gemacht haben. Die Laufarbeit, der Druck auf dem Eis. Da müssen wir zur Konstanz finden. Das ist insbesondere eine Sache der Spieler. Wir müssen den Level an Intensität und Einsatz finden, der uns in die Lage bringt, gewinnen zu können. Toni hat einen guten Job dabei gemacht, uns seine Ideen zu vermitteln. Jetzt liegt es an uns.
Offensichtlich war, dass sie nach dem 2:7 in Augsburg über die Defensive zu mehr Stabilität gefunden haben. Das ging zu Lasten der Offensive.
Du verlierst natürlich ein paar Prozent Offensive, wenn du defensiver spielst. Aber wir hatten ja unsere Chancen, zuletzt haben wir sie leider nicht so genutzt. Die Offensive muss in der zweiten Saisonhälfte sicher einen Schritt nach vorne machen. Du kannst dir mal das 0:1 fangen, aber du musst Wege finden, dann eben selbst zwei, drei oder vier zu schießen.
Es dürfte nicht hilfreich sein, dass mehrere Torjäger zu kämpfen haben. Selbst Torgaranten wie Austin Ortega oder Trevor Parkes taten sich zuletzt schwer. Kann man solchen Spielern helfen?
Schwer. Gerade Austin hatte in der Offensive in den letzten Jahren so viel Erfolg. Aber solche Phasen sind normal. Manchmal triffst du einfach nicht. Da kannst du nur hoffen, dass sie in den gut 20 Spielen, die bleiben, bis die Playoffs starten, zu dem zurückfinden, wo sie waren. Diese Spieler sind zu talentiert, um dauerhaft in dieser Frustration zu stecken, die wir alle schon erlebt haben. Und sie werden da rauskommen, solange müssen wir das als Gruppe ausgleichen.
Braucht es am Ende das ein oder andere Tor mehr um die berühmte Ketchupflasche zu öffnen?
Das ist die Hoffnung, ja. Aber das gilt für alle, auch für mich. Gerade unsere Reihe kann sicher offensiv mehr beitragen. Aber da ist es immer am besten, wenn du dich von Stress und Druck befreien kannst. Manchmal musst du nur Geduld haben. Hoffentlich nicht zu viel (lacht).
Derzeit fehlen Ihnen acht Punkte auf die Spitze. Schaut man noch auf die Tabelle – oder doch nur auf den nächsten Gegner?
Du schaust schon auf die Tabelle und siehst die Veränderungen Tag für Tag. Diese Liga ist schon sehr besonders in diesem Jahr. Wahnsinnig eng. Aber du gehst natürlich nur nach oben, wenn du Punkte holst. Insofern ist es beides: Du schaust auf die Tabelle und auf den nächsten Gegner, gegen den du diese Punkte holen willst. Aber wir haben so ein gutes, erfahrenes Team – wenn wir unser Spiel spielen, haben wir alle Chancen, da noch ganz oben mitzumischen. Wir haben auf jeden Fall ein Team, das das kann. Das weiß, was es tun muss, um zu gewinnen.
Was ist der Unterschied zwischen dem derzeitigen Team und den Meistern vom letzten Frühjahr?
Ich denke, es ist ziemlich das, was ich vorhin angesprochen habe – die Energie, die Hingabe, das, was du einsetzt um ein Spiel zu gewinnen. In den Playoffs ist es so einfach, auf das nötige Level zu kommen. Da musst du nicht viel dafür tun, um heiß darauf zu sein. In der Hinsicht haben wir uns in dieser Saison bis jetzt ein bisschen schwer getan. Aber wenn wir da hinfinden, dann kommen die Dinge in Bewegung. Dann spielst du freier, die Offensive kommt ins Rollen. Und dann kommt diese Gewissheit, dass du alles hast um zu gewinnen.
Wie üblich sind die Weihnachtstage von Spielen eingerahmt. Wie wird das Fest bei Smiths aussehen?
Ganz ruhig, wir werden nur zu viert feiern – meine Frau, meine Kinder und ich. Ein schönes Essen, Facetime nach Hause und Geschenke am 25. Aber wir haben auch deutsche Traditionen übernommen. Der Nikolaus ist beispielsweise am 6. Dezember gekommen.
Haben Sie Dominik Bittner verpflichtet? Er hat den passenden Bart.
(lacht) Wir haben ihn nicht gesehen. Wir haben Stiefel vor die Türe gestellt.
Interview: Patrick Reichelt