Oberstdorf – Ein bisschen was für die Seele haben Deutschlands Skispringer schon lange vor dem Start gemacht. Erstmals macht der DSV-Tross nun auch im Ernstfall im Langenwanger Hotel Sonnenbichl Station. Und damit in genau dem Quartier, in dem man sonst auch die Lehrgangstage im Allgäu verbringt. „Wir fühlen uns hier daheim. Ich wollte das schon lange“, verriet Bundestrainer Stefan Horngacher, „aber es war nicht so einfach.“
Die Qualifikation am Donnerstag ließ erahnen: die neue Wohlfühloase hat zumindest nicht geschadet. Im ersten Ernstfall am Schattenberg warfen die Deutschen der Konkurrenz zumindest schon einmal den Fehdehandschuh hin. Andreas Wellinger schnappte sich mit 135 Metern Platz eins und die 3000 Schweizer Franken Siegprämie. Und das „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ dröhnte nicht nur für ihn durch die Arena. Denn: Karl Geiger und Philipp Raimund folgten auf den Plätzen zwei und vier. Und auch Pius Paschke und Stephan Leyhe lagen als Neunter und Zwölfter in Schlagdistanz. Zum einzigen Störenfried wurde der Slowene Peter Prevc als Dritter – Topfavorit Stefan Kraft blieb mit ordentlichen 131 Metern erst einmal nur Platz sieben.
Sieger Wellinger nahm es den Traumstart mit einem Grinsen: „Wir marschieren als Mannschaft vorneweg. Das macht uns gerade aus“, sagte er, „wir pushen uns gegenseitig“. Kollege Geiger, der den Siegerscheck um 0,4 Punkte verpasste, wollte in die erste Machtdemonstration noch nicht zu viel hineindeuten: „Natürlich tut das schon sehr gut. Aber morgen geht es halt für alle wieder bei null los.“
Nach der vielversprechenden Generalprobe in Engelberg – den Premierensieg von Pius Paschke inklusive – hatte Horngacher seinen Schützlingen ja vor allem Akkus runterfahren angeordnet. Weihnachten feiern im Kreis der Liebsten. Auch wenn der Tiroler ein bisschen geschmerzt dreinschaute als Karl Geiger stellvertretend für die Kollegen sein Festtagsmahl aufzählte: „An Heiligabend Raclette, am nächsten Tag Knödel mit Pilzsoße, Blaukraut und Wild“
Doch alles ist gut, Horngacher hat sich ja zwischenzeitlich sein Bild vom Zustand seines Teams gemacht. Eigentlich hatte er das in Garmisch-Partenkirchen tun wollen. Doch die Olympiaschanze stand witterungsbedingt nicht zur Verfügung. So traf man sich wie so oft unter dem Schattenberg. Für Training und Materialtests. Und Horngacher rieb sich die Hände: „Wir haben die Zeit gut genutzt.“ Mit einem Team, das allerdings merklich zusammengeschrumpft ist. Der Weltverband FIS reduzierte die Kadergrößen, dazu kam den Deutschen der Quotenplatz aus dem zweitklassigen Continental-Cup abhanden. Schlecht für Martin Hamann (Aue), der zumindest in Oberstdorf zuschauen muss. In gewisser Weise gut für den bisherigen Zimmerpartner Pius Paschke, der im Allgäu zur Abwechslung alleine mit seiner Gitarre residiert („Ich klampfe so ein bisschen vor mich hin.“).
Nur entspannt bleiben, während sich Oberstdorf immer mehr in Partylaune versetzt. 16 300 Fans hatten schon der Qualifikation einen stimmungsvollen (Weltrekord-)Rahmen verliehen. Einen Flitzer inklusive, der kurz nach der Siegerehrung durch den Auslauf hastete und in einem Waldstück verschwand, wo er der Polizei noch einiges Kopfzerbrechen machte.
Am Freitag wird die A>rena am Schattenberg dann einmal mehr mit 25 000 Zuschauern zum Bersten gefüllt sein. Und dann sollen wieder die Schwarz-Rot-Goldenen Fähnchen das Bild bestimmen. An den fünf deutschen Fliegern soll es nicht liegen, wie Wellinger versprach. „Wenn wir uns nicht selbst auf den Skiern stehen, dann können wir wieder da vorne reinfliegen“, sagte er, „und wir werden ganz sicher alles dafür tun.“