Eine Weltreise bringt Aufwind

von Redaktion

Österreich schickt in Stefan Kraft den Topfavoriten in die Tournee – Widhölzl: „Entspannt wie nie“

Oberstdorf – Auf seinen Besten hat Andi Widhölzl noch ein bisschen warten müssen. Seit den Springen in Engelberg hatte es Stefan Kraft ein bisschen im Rücken gezwickt. Sicherheitshalber hat der Mann, der für so viele nur der „Krafti“ ist, noch beim Physiotherapeuten vorbeigeschaut. Aber natürlich wird das gelbe Trikot des Weltcupführenden auch über Oberstdorf leuchten. Es ist ein Muss in einer Saison, die so gut begann wie noch nie.

Fünf der ersten acht Springen dieses Winters hat der 30-Jährige schon gewonnen. Auch der Trainer zog mit gewinnendem Lächeln im Allgäu ein. „Ich bin entspannter als sonst“, sagte Widhölzl unserer Zeitung.

Womit es ihm deutlich besser ergeht als dem Gros der Konkurrenz, die sich die österreichisch-deutsche Flugshow von Kuusamo bis Engelberg mit wachsender Sorge mit anschaute. Widhölzl juckt das wenig. Man habe halt „intensiv gearbeitet“, im Nachgang der vergangenen Saison.

Wobei im Falle des Überfliegers noch ein Faktor dazu kam, der mit dem Sport gar nicht unbedingt in Verbindung steht. Direkt nach dem Ende des „langen und zähen“ (Widhölzl) letzten Winters hat sich Stefan Kraft mit seiner Frau Marisa auf Reisen rund um den Globus begeben. Zwei Monate lang hat sich das Paar die Welt angeschaut. Zwei Monate mit ein paar sportlichen Hausaufgaben, aber doch ohne große Gedanken an Noten und Weitenmeter. Erst im Juni stieg der filigrane Flieger aus dem Pongau bei den Kollegen ins Training ein. Doch weniger ist in einer sensiblen Sportart wie dieser manchmal mehr, davon ist Widhölzl überzeugt: „Es ist manchmal wichtig, den Kopf freizukriegen.“

Und Kraft hat die Kurve ja schnell gekriegt. Während die Kollegen um Aufsteiger Daniel Tschofenig auf den Sommerschanzen um den Grand Prix rangelten, feilte der feine Flieger aus dem Pongau an seinem System. Das ist nichts Ungewöhnliches. Kraft ist kein Mann für die Warmwetter-Variante. „Er kommt mit den Anlaufspuren nicht so zurecht“, sagt der Trainer, den alle – auch für ihn selbst ungeklärten Gründen – nur den „Swider“ nennen. Auf Eis im Winter klappt es dann ja umso besser. Und nicht nur bei ihm , auch Kollege Jan Hörl startete als Weltcup-Fünfter direkt in den Tournee-Favoritenkreis durch.

Und so ist auch Widhölzl vor dem Start am Freitag eigentlich nur vor höheren Mächten bange. „Das ist meine einzige Sorge“, sagte er, „dass das Wetter nicht mitspielt und keine fairen Bedingungen sind.“

Da spielt auch keine Rolle, dass Krafts Hoffnungen in der Vergangenheit immer wieder am Neujahrstag in Garmisch-Partenkirchen zerschellten. „Das ist ihm nur passiert, wenn er unbedingt etwas gutmachen wollte“, betonte der Trainer. Doch die Hoffnung ist groß, dass er sich bei dieser 72. Tournee in Oberstdorf gar nicht erst in diese Situation bringen wird. Zu gut ist das Gefühl nach dem Traum-Saisoneinstand. Das gelbe Trikot tut sein Übriges, wie Widhölzl befindet: „Ein Problem mit dem Selbstvertrauen hat er nicht.“ PATRICK REICHELT

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