Das große Sportjahr 2024

Leider nicht unbeschwert

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Nun also wieder ein gerades Jahr. Das sind im Sport die attraktiveren, weil sie Olympische Spiele und ein großes Fußball-Turnier bringen. Und im Vergleich zu 2022 erscheint 2024 als Offenbarung. Nicht Peking und Katar sind die Gastgeber der zentralen Veranstaltungen, sondern Paris und Deutschland. Der große Sport findet zurück von den Auto- in die Demokratien – und das ist eine positive Entwicklung.

Dennoch ist die Vorfreude sehr gedämpft. Denn sowohl die Fußball-Europameisterschaft als auch die Olympischen Sommerspiele finden nicht in dem unbeschwerten Rahmen statt, den man einem großen Sportevent wünscht.

Das geringste Problem ist noch die sportliche Schwäche der deutschen Fußball–Nationalmannschaft, wie sie 2023 in noch nie gesehener Weise zutage trat. Ein Turnier kann eine besondere Dynamik entwickeln, und die Gruppenauslosung war für die angeknackste DFB-Truppe schon mal vorteilhaft. Doch für das angestrebte „Sommermärchen 2.0“ braucht es mehr als eine starke Performance. 2006 war Deutschland ein anderes Land. Beseelt von seiner Einheit, weltoffen. Heute ist es zerrissen, schroff, fremdenfeindlich, oft wirkt es von Hass zerfressen – und man weiß gar nicht, ob man überhaupt Lust hat, mit denen, die ganz anders leben wollen, eine Gemeinsamkeit im Fußball zu finden. Das Ziel, die Gesellschaft zu einen, ist hoch gegriffen. Es besteht die Gefahr, dass der Anspruch dieses Turnier überfordert.

Olympia in Paris verspricht in vielen Punkten zur Wucht zu werden, allein das Konzept der Eröffnungsfeier auf der Seine könnte ein großer olympischer Moment werden. Aber schon jetzt kann man absehen, dass die Entscheidung des IOC, russische und belarussische Athleten und Sportlerinnen zuzulassen, zur Belastung für die Spiele wird. Wir werden diese Fälle unweigerlich erleben: Dass Russen an den Start gehen, unter dem Status als neutrale Teilnehmer – und dann kommt in Paris raus, dass sie eben doch Propagandisten Putins sind. Für alle Teilnehmenden aus der Ukraine ist Paris nahe an der Unzumutbarkeit.

Dennoch werden wir 2024 eine Chance geben. Im Wissen, dass der Sport viel überraschendere und emotionalere Geschichten schreiben kann als jeder andere Bereich des Lebens. Und das ist immer noch was wert.

Guenter.Klein@ovb.net

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