München – Gemütliche Stunden bei der Familie im Allgäu und sportliche Stunden im Höhentrainingslager im italienischen Livigno. „Ganz entspannt, ganz gut“, fasst Philipp Nawrath seine Weihnachtspause zusammen. Den erwartbaren Beschäftigungen vor dem Heimweltcup in Oberhof, der am Freitag beginnt (wetterbedingt um einen Tag verschoben), fügt er noch eine hinzu: Videos schauen.
„Ein paar der Rennen der letzten Wochen, die richtig gut waren, habe ich mir nochmal angeschaut“, erzählt er unserer Zeitung. Geachtet habe er dabei darauf, „wie zum Beispiel ein gutes Stehendschießen von außen ausgesehen hat.“ Anschauungsmaterial gab es genug. Die aktuelle Saison ist bisher seine mit Abstand beste, inklusive der Staffeln stand der Athlet vom SC Nesselwang fünfmal auf dem Podest und hatte zwischenzeitlich die Führung im Gesamtweltcup inne.
Die ist inzwischen futsch – vor dem Sechsten Nawrath liegen angeführt von Johannes Thingnes Bö fünf Norweger. Durch die vielen Stockerlplätze der Deutschen fühlt sich deren Dominanz dennoch nicht so erdrückend an wie in der Vorsaison. Bei der WM in Oberhof gab es kein Gold für die deutschen Männer. Nawrath spricht bei den Erinnerungen, die vor den Rennen nun wieder aufkommen, trotzdem von „Erlebnissen und Highlights“. Das mag daran liegen, dass die WM für ihn persönlich positiver geprägt war, als für das Männer-Team insgesamt.
Im Vorlauf auf die WM lief es bei Nawrath damals schlechter als diesen Winter. Ein 18. Platz im Weltcup war sein bestes Resultat, mitgenommen wurde er dank seines Auftritts im Europacup vor Oberhof. Dort stürmte er in seinem einzigen Einsatz neben der Mixed-Staffel dann vor der „richtig coolen Zuschauerkulisse“ überraschend auf Platz Neun im Einzel. Die Form nahm er mit – und steigerte sie zu dieser Saison, trotz seiner schweren Fußverletzung im Sommer.
Die Atmosphäre durch die frenetischen Fans überstrahlte (zusammen mit den Medaillen der Frauen) in Oberhof das Abscheiden der Männer. Wie herausfordernd der Lärm sein kann, haben Nawrath und Co in den Wochen vorWeihnachten in Erinnerung gerufen bekommen. „Hochfilzen und Lenzerheide, das sind für uns nahezu Heimrennen“, ordnet der 30-Jährige ein. Auffällig: in den Sprints platzierten sich die Männer besser als in Massenstart und Verfolgung, in denen vier- und nicht zweimal geschossen wird. Folglich liegen in der Sprintwertung mit Nawrath und Benedikt Doll auch zwei DSV-Skijäger unter den besten drei. „Unsere Emotionen richtig lenken und eben viermal auf den Schießstand konzentrieren, da haben wir ein bisschen Nachholbedarf“ folgert Nawrath aus diesem Unterschied.
Persönlich sieht er Nachholbedarf noch woanders: „Ein Podium bei einem Heimweltcup ist definitiv mein Ziel“, gibt er vor. Chancen hat er nun in Oberhof und kommende Woche in Ruhpolding. Noch fehlt ihm so ein Erfolg. Der nicht nur besonders wäre, wegen einer höheren Dezibelzahl. „Familie, Freunde oder wenn die Partner dabei sind, das sind andere Eindrücke, wie zum Beispiel in Skandinavien, wo das Team sehr für sich ist“, beschreibt Nawrath den Unterschied.
Für ihn selbst gilt das allerdings nicht so wie für andere. Denn Karoline Knotten ist als etablierte Norwegische Biathletin ohnehin auch bei jedem Weltcupstopp dabei. Vor Weihnachten hatte die 28-Jährige die Beziehung der beiden im norwegischen TV öffentlich gemacht. „Es tut gut, wenn man sich auch außerhalb vom Biathlon so gut versteht“, sagt Nawrath. Wie er erlebt auch Knotten ihren bisher besten Winter.