Nicht nur beim VfB gefragt

von Redaktion

Lahms Consulting kommt in der Branche an – Wehrle: „Wichtige Rolle“ für Stuttgarts Erfolg

VON HANNA RAIF

München – So eine Jahresbilanz fällt nicht immer eindeutig aus – und trotzdem ist das, was der VfB Stuttgart 2023 erlebt hat, außergewöhnlich. Sieben Monate ist es her, da spielten die Schwaben in der Relegation gegen den Hamburger SV gegen den Abstieg; nun, zum Start der Vorbereitung, steht die Mannschaft von Sebastian Hoeneß unter den Topteams der Bundesliga auf dem dritten Platz. Worte wie Momentum, Spielglück und Lauf werden in seltenen Fällen wie diesem gerne bemüht. Dabei bietet es sich an, in die Tiefe zu gehen, so wie es Philipp Lahm und sein Consulting-Team beim VfB seit mehr als einem Jahr tun. Für den aktuellen Erfolg ist dieses Engagement nicht ganz unerheblich – dessen ist sich auch in Stuttgart (so gut wie) jeder bewusst.

„Es war eine sehr gute Entscheidung, Philipp und sein Team als Berater hinzuzunehmen“, sagt Alexander Wehrle gegenüber unserer Zeitung. Und tatsächlich war es auch der Vorstandsvorsitzende, der den intensiven Kontakt zu Lahm und seinem Team vor gut eineinhalb Jahren aufgenommen hat. Bis jetzt hat es der 48-Jährige nicht bereut. Er spricht von „wichtigen Impulsen, gerade, was strategische Entwicklungen im Nachwuchsbereich betrifft“. Aber er hebt auch die „wichtige Rolle“ hervor, die Lahm, sein Berater, Partner und Weggefährte Roman Grill sowie der langjährige Bayern-Nachwuchstrainer Björn Andersson und Handball-Ikone Wolfgang Sommerfeld in Kaderplanungssitzungen eingenommen haben. Wehrle sagt: „Für die aktuelle Situation hat Philipp seinen Beitrag geleistet.“ Und es ist nur logisch, dass dem CEO – aktuell in Personalunion auch Sportvorstand – an einer Weiterführung der fruchtenden Zusammenarbeit gelegen ist.

Obwohl das bestehende Mandat nach dem Klassenerhalt Ende Juni ausgelaufen ist, ist der Austausch intensiv. Ob und wie es weitergeht, soll dieser Tage entschieden werden. Zwar sagt Wehrle: „Sobald der neue Sportvorstand da ist, setzen wir uns gemeinsam an den Tisch, um neue Vorhaben zu formulieren.“ Aber auch wenn sich noch keine Entscheidung für einen der beiden heißesten Kandidaten – den aktuellen Sportdirektor Fabian Wohlgemuth oder Horst Heldt – abzeichnet, wird im Januar gesprochen. Lahm und Co. haben schon viel angestoßen, „der Beitrag ist strategisch und konzeptionell. Er analysiert die Ausrichtung des VfB, gibt Impulse, die zu Veränderung führen“, sagt Wehrle. Lahm kommuniziert aber auch, dass der aktuelle Höhenflug nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass der VfB den Weg der Veränderung weitergehen muss. Sonst nämlich ist er nicht nachhaltig.

Das Lahm Consulting geht vor wie eine klassische Unternehmensberatung in der Wirtschaft. Nur dass der Sport – und insbesondere der Fußball – so viel mehr zu bieten haben. Das gesellschaftliche Standing in Deutschland ist hoch, die Infrastruktur bestens, genügend Geld vorhanden – und der Standort Stuttgart eigentlich optimal, wenn denn die Kräfte richtig gebündelt werden. Genau da kommen Lahm und Co. ins Spiel. Ihr Ziel: eine Anleitung zum Erfolg zu geben. Im vergangenen Jahr wurden Trainer gewechselt und Sven Mislintat als Sportdirektor entlassen, auch am Organigramm hat sich Einiges getan. Ziel ist es, an den entscheidenden Stellen Profis zu installieren und aufeinander wirkende Kräfte früh zu identifizieren. Gibt es Spannungen, die den Erfolg hemmen? Wie groß sind die Eigeninteressen der handelnden Personen? Auf wie neben dem Platz essentielle Fragen.

Vor allem in digitalen Sitzungen werden regelmäßig Impulse gegeben. Heutige Führungsspieler wie Waldemar Anton, Chris Führich sowie den auch vom FC Bayern umworbenen Serhou Guirassy hat Lahm schon früh als Säulen identifiziert, abseits des Rasens ist ein Schlüsselpunkt für die Zukunft das Investment von Porsche. Die Edel-Automarke, die neben Mercedes eine große Finanzspritze gibt, steht für Exzellenz, die sich auch im Sponsoring widerspiegeln soll. Der VfB muss da seine Hausaufgaben machen.

Im Optimalfall ist das Consulting auf drei Jahre ausgelegt – Lahm, Grill und ihr Team haben einen genauen Plan. Sie haben nicht nur Erfolg, sondern auch viel Spaß an ihrer Aufgabe. Das Consulting-Team wächst an den Herausforderungen, Anfragen für weitere Engagements, auch aus dem Ausland, liegen schon vor. Dennoch war und ist der VfB der optimale Anfang. Wehrle sagt: „Philipp und ich haben gleichzeitig hier angefangen – wenn auch in unterschiedlichen Rollen.“ Lahm war 2003 an den VfB ausgeliehen und reifte zum Nationalspieler, Wehrle startete 2003 als Referent des Vorstands. Und „manchmal“, sagt der CEO, „schließt sich so ein Kreis.“

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