London – Im Moment seines größten Triumphs dachte Luke Humphries an die Zukunft – und an Supertalent Luke Littler. Nachdem er den bunten Konfettiregen im Alexandra Palace ausgiebig genossen und die 25 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy mehrfach schwungvoll hochgereckt hatte, schwärmte Humphries vor allen eigenen Glücksgefühlen zunächst von seinem 16 Jahre jungen Widersacher. „Er wird Darts dominieren. Er ist ein unglaubliches Talent“, sagte er. Doch es war Humphries, der sich in einem hochklassigen Finale zum neuen Weltmeister gekrönt hatte. Sein 7:4-Sieg nach zwischenzeitlichem Rückstand von 2:4 war Werbung für den Darts-Sport: kurzweilig, abwechslungsreich. „Ich musste das heute gewinnen, denn Luke wird in Zukunft viele davon gewinnen, da bin ich sicher.“
Humphries, „Cool Hand Luke“ genannt, wurde zum ersten Mal Weltmeister. Der 28-Jährige veredelte damit eine Traumsaison. Vor der WM hatte er drei der vier Major-Turniere gewonnen. „Ich kann es kaum glauben. Es ist für mich noch mal unglaublicher, vor allem aus mentaler Sicht“, sagte der Engländer nach seinem Triumph. „Denn es gab eine Phase in meinem Leben, da war ich sehr deprimiert. Ich hatte einen Haufen Probleme.“ 2019 sprach Humphries öffentlich über Angstzustände auf der Bühne, er spielte sogar mit dem Gedanken, den Sport aufzugeben. Doch er suchte sich professionelle Hilfe, arbeitete auch an seiner körperlichen Fitness und verlor viel Gewicht. Und nun ist der Engländer, der im Finale wie zuvor gegen den Nürnberger Ricardo Pietreczko und Joe Cullen einen Zweisatz-Rückstand drehte, die neue Nummer Eins der Darts-Welt. Dass er seinen Sport mal so prägen wird wie Phil Taylor glaubt er selbst jedoch nicht. „Ich werde nie so dominieren können“, sagte er. „Die Sportwelt hat sich zu sehr geändert.“ Doch Humphries ist der Mann der Stunde. „Er hat diesen Titel verdient“, sagte der enttäuschte Littler, den der neue Weltmeister auf der Bühne ganz lange umarmte.
Littler, in britischen Medien bereits mit Lionel Messi oder Boris Becker verglichen, gehört die Zukunft, da sind sich viele Beobachter einig. Seine furiosen Auftritte beim WM-Debüt sorgten für einen noch nie dagewesenen Darts-Hype. Aus den knapp 4000 Instagram-Followern des Teenagers sind im Laufe des Turniers über 700 000 geworden. Dazu sorgten Littlers Spiele in England für Rekorde bei den TV-Einschaltquoten und stellten selbst Matches von Ikone Taylor in den Schatten. Humphries forderte für das Supertalent einen Startplatz in der prestigeträchtigen Premier League.
Auch der schon wieder geschlagene Ex-Champion Michael van Gerwen und der britische Premierminister Rishi Sunak gratulierten. „Was für ein unglaubliches Finish, um diese historische WM zu beenden“, schrieb Sunak auf X, vormals Twitter. „Ich weiß, dass Humphries und Littler diesen Sport in den kommenden Jahren anführen werden.“ dpa