Zur Wochenmitte hat die Vierschanzentournee wieder einmal ihr berüchtigtes Gesicht gezeigt. Teil drei in Innsbruck war einmal mehr schwer vom Wind geprägt. Und am Ende blieb nur eine gute Nachricht: Es ist nicht viel passiert. Keine drei Meter sind die beiden verbliebenen Titelanwärter voneinander getrennt. So knapp ging es bei dem Traditionswettbewerb selten zu. In den letzten 25 Jahren war der Fall 21 Mal schon am Bergisel geklärt. War die Konkurrenz an der besonderen Auslese der Tournee gescheitert, die in zehn Turniertagen keinen Fehler verzeiht.
Nur ganze vier Mal hatte der Führende weniger als zehn Punkte zwischen sich und den schärfsten Verfolger gelegt. Nun also zum fünften Mal und schon alleine deshalb wird diese 72. Auflage als eine besondere in Erinnerung bleiben. Erst recht als in Andreas Wellinger ein Deutscher mutmaßlich bis zum letzten Sprung im Rennen bleibt.
Mehr als zwei Jahrzehnte lang hatten sich die Asse des Deutschen Skiverbandes (DSV) daran vergeblich versucht. Severin Freund, Richard Freitag, Karl Geiger oder auch Wellinger selbst kamen dem Goldenen Adler nahe und waren doch so weit entfernt . Weil immer ein anderer die besonderen Anforderungen der größten und schwierigsten Bühne des Weltcups so viel besser erfüllte. Die Deutschen können alles außer Tournee wurde in Skispringerkreisen schon gescherzt. Andreas Wellinger könnte nun der Mann sein, der diesen Makel beseitigt. Ein Coup würde dem DSV Rückenwind geben. Für diese Saison, in der es bald auch noch um WM-Medaillen im Skifliegen geht. Aber auch darüber hinaus.
Und es sagt schon viel aus, wie offen die Szene dem Ruhpoldinger die Daumen drückt. Vom Schweizer Dauerbrenner Simon Ammann bis zu den österreichischen Altmeistern Gregor Schlierenzauer und Toni Innauer: Man würde es dem viel geprüften Supertalent aus Ruhpolding gönnen. Und würde es den Deutschen gönnen, die nun einmal ein Herzstück der Disziplin sind. Wie sehr, das hat man nicht zuletzt in Oberstdorf gesehen, wo die schwarz-rot-goldenen Erfolge des Frühwinters alleine mehr als 40 000 Menschen an die Schanze lockten.
Die Springerparty im Allgäu war auch so ein Gesicht der Vierschanzentournee. In diesem Fall aber war es ihr schönes.
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