„Man könnte im Maracana-Stadion springen“

von Redaktion

Vision für das Skispringen der Zukunft angesichts des Klimawandels: Spektakuläre Showevents auf mobiler Anlage

Bischofshofen – Kurz vor dem Start hat sich Sandro Pertile noch einmal an der Paul-Außerleitner-Schanze umgeschaut. Und was er da sah, das hat dem Renndirektor des Ski-Weltverbandes FIS zumindest ein kleines Lächeln abgerungen. „Bis jetzt haben wir eine grüne Tournee gesprungen“, sagte der Italiener. Pongau dagegen zeigte sich zumindest leicht überzuckert. Es könnte noch seltener werden, wie Pertile ahnt. Weshalb er bei der FIS längst Pläne in der Schublade hat, wie der Sport seine Zukunft sichern kann. Und zwar unabhängig von den Launen des Klimas.

Die Idee: eine mobile Schanzenanlage mit Matten, die auch in warmen Zonen eingerichtet werden kann. Und nicht irgendwo: „Man könnte in Rio de Janeiro, im Maracana-Stadion springen.“ In die gleiche Bresche hatte vor einem Jahr ja auch schon Norwegens Trainer Alex Stöckl geschlagen. Der Österreicher hatte angemahnt, dass sich die Springer zu Ganzjahres-Athleten entwickeln müssten. Was bei Stöckl noch eher nach Vision klang, ist bei Pertile schon bemerkenswert konkret. Denn an der mobilen Anlage, mit der man in bevölkerungsreichen Staaten wie Brasilien oder China oder auch in Skihallen wie in Dubai für Aufsehen sorgen will, wird im Hintergrund bereits gefeilt. Und es ist alles andere als ein Spielzeug, an dem da gearbeitet wird. „Hillsize 150 Meter“, wie Pertile betont. „Damit könnten wir eine Riesenshow bieten.“ 150 Meter, das wäre größer als die Tourneeanlagen.

Bei den Athleten stoßen die Gedankenspiele auf eher wenig Gegenliebe. „Ich sehe jetzt nicht, warum ich nach Dubai fahren sollte“, murrte Youngster Philipp Raimund. Auch Karl Geiger hat schon mehrfach betont: „Ich sehe uns als Wintersport.“

Aber daran will Sandro Pertile gar nicht unbedingt rütteln. „Bis Cortina sind wir sicher ein Wintersport“, betonte er. Doch auch danach sieht er den Sport nicht unbedingt auf dem Weg zu einer „Vier-Jahreszeiten-Disziplin“. Für denkbar hält er eine Acht-Monats-Saison mit einer Hybrid-Periode auf einer Eisspur und Matten – so wie man es in der vergangenen Saison mit dem Mattenauftakt in Polen schon versucht hat. Und davor gelagert könnte es möglicherweise Showevents mit weniger Teilnehmern in aller Welt geben.

Wann die Sache starten könnte, hängt wohl vor allem davon ab, ob man die entsprechenden Geldgeber findet. Und natürlich geht es für die FIS dabei um weit mehr als Klima-Unabhängigkeit. Ein traditionelles Problem der Wintersportarten ist ja: Man ist in den Augen des Internationalen Olympischen Komitees zu klein. Skispringen ist im Wesentlichen ein Fall für 10 bis 15 nationale Verbände.  rp

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