München – Ruhig war es um Franz Beckenbauer geworden. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte die Fußball-Ikone im Januar 2023 in Kitzbühel beim Karpfenessen mit Familie und Freunden gehabt. Im Juli aber fehlte der einstige Teamchef im Chiemgau beim Treffen der Spieler jener deutschen Nationalmannschaft, die mit ihm 1990 in Rom Weltmeister geworden waren. Aus gesundheitlichen Gründen, hieß es.
Im August ließ der einstige Kapitän der Elf, Lothar Matthäus, die Fußballfans aufhorchen: Der Franz habe immer gesagt, dass Gesundheit das Wichtigste im Leben sei. Die aber habe er zurzeit nicht. Nun wurde bekannt, dass Beckenbauer am Sonntag gestorben ist. Er wurde 78 Jahre alt.
Vor Beginn der Winter-WM 2022 in Katar hatte der „Kaiser“ die „Bunte“ wissen lassen, dass es ihm den Umständen entsprechend gut gehe. Drei Bypässe waren ihm da schon gelegt worden; auf dem rechten Auge sah er infolge eines Infarkts nichts mehr. „Die Leute denken wohl, der lebt nimmer lang. Aber ich versuche, euch noch eine Weile erhalten zu bleiben“, kündigte er an.
Am späten Montagnachmittag bestätigte seine Familie seinen Tod. „Der Schock sitzt tief, obwohl ich wusste, dass es Franz nicht gut ging“, sagte Matthäus der Bild-Zeitung: „Sein Tod ist ein Verlust für den Fußball und für ganz Deutschland. Er war einer der Größten als Spieler und Trainer, aber auch außerhalb des Platzes.“
Matthäus und viele weitere Weggefährten würdigten vor allem den Menschen Beckenbauer. „Alle, die ihn gekannt haben, wissen, welch ein großartiger und großherziger Mensch Franz war. Ein guter Freund hat uns verlassen. Er wird mir fehlen – er wird uns allen fehlen“, sagte Matthäus.
Den Gedanken, Beckenbauer nie mehr zu sehen, machte auch Wolfgang Overath „fertig“. Es sei „nicht vorstellbar, dass er nicht mehr da ist“, sagte er. Gemeinsam hatten sie 1974 durch ein 2:1 im Finale gegen die Niederlande in München den WM-Titel gewonnen. „Er hat alle überragt, er war so groß – und doch so am Boden geblieben, ein feiner Kerl.“ Auch Overath bekam mit, dass es dem „Kaiser“ in den vergangenen Monaten nicht mehr gut ging. „Es gibt keine Worte, um auszudrücken, wie groß unsere Trauer ist – und dafür, welche Lücke Franz Beckenbauer hinterlässt“, sagte Bayerns Präsident Herbert Hainer: „Als Spieler kam mit ihm Leichtigkeit aufs Feld, Eleganz und Magie: Franz Beckenbauer brachte den Glanz. Auch nach seiner aktiven Karriere prägte er den FC Bayern und den Fußball, sein Vermächtnis lässt sich nicht an Titeln bemessen.“ Bayerns Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen: „Dies ist einer der traurigsten Tage seit Bestehen dieses Clubs. Die Geschichte des FC Bayern und des deutschen Fußballs lässt sich nicht ohne Franz Beckenbauer erzählen.“
Auch Matthias Sammer trauert. „Franz war und ist mein großes Idol. Bei uns zu Hause hängt ein übergroßes Porträt von ihm mit dem Champions-League-Pokal in der Hand“, sagte Europas Fußballer des Jahres 1996, der von 2012 bis 2016 Sportvorstand beim FC Bayern war. „Wir hatten wunderbare Begegnungen, Zeit mit ihm zu verbringen war großartig. Deutschland hat am Sonntag seine wichtigste und größte Fußballpersönlichkeit verloren. Ein sehr, sehr trauriger Tag.“
Seiner letzten Gattin Heidi kam er bei einer FC-Bayern-Weihnachtsfeier näher, deren Folgen er später in die Worte kleidete: „Der liebe Gott freut sich über jedes Kind.“ Beckenbauer war Vater von fünf. Seinen Sohn Stephan musste er 2015 beerdigen, als der mit 47 Jahren an Krebs starb.
Dieser Schicksalsschlag und die auf die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 folgenden Korruptionsvorwürfe dürften Franz Beckenbauer zunehmend zu schaffen gemacht haben.
dpa, sid, mm