Es gab Zeiten, da war es besonders, wenn sich der Wanderzirkus der NBA in Paris breit machte. Die Fotos von Michael Jordan und seinen Chicago Bulls unter dem Eiffelturm entstanden vor etwas mehr als 26 Jahren und werden heute noch immer heraus gekramt, sobald die amerikanischen Basketballteams eintreffen. An diesem Donnerstag treten mal wieder zwei Clubs in Paris an. Brooklyn Nets gegen Cleveland Cavaliers heißt das Duell. Das ist biedere Mittelklasse mit – Sie ahnen es – genau null europäischen Spielern auf beiden Seiten. Wie kann das sein, dass eine Milliardenliga wie die NBA ihren Fans so viel Rohkost serviert? Noch dazu, wo die Footballliga NFL gerade mit ihren Europabesuchen ein ganz neues Publikum erschließt.
Nun, die Antwort findet man in der Geschichte. Football mag der Amerikaner liebster Sport sein, aber eben auch ein zu tiefst amerikanischer, international weitestgehend bedeutungslos. Die NBA expandierte schon in den 1990ern, schickte ihre Clubs um die Welt, nach Tokio, Mexiko, Shanghai, Dubai, London, Paris und über 30 weitere Städte. Jordan, Curry, Durant, diese mythischen Figuren schufen ein durch und durch globalisiertes Produkt. Die größten Märkte außerhalb Amerikas finden sich auf den Philippinen, in China und Argentinien. 150 Spieler (etwa ein Drittel) in der NBA kommen nicht mehr aus den Staaten, schon 2030 sollen es neuesten Prognosen nach die Hälfte sein. Die Realität sieht so aus: Eine Liga wie die NBA hat es nicht mehr nötig, ihre Besten um den Globus zu jetten. Schon gar nicht nach Europa. Die Märkte sind längst erschlossen. Spitzenspiele in Paris oder London auszutragen, würde nur Umstände schaffen: schlechte Fernsehquoten in der Heimat, zusätzliche Reisestrapazen für die ohnehin schon geplagten Superstars, Ärger mit den Dauerkartenhaltern und, und, und.
Selbst in Paris spricht man diese Woche kaum über Brooklyn und Cleveland. Sondern über Victor Wembanyama, Frankreichs Mega-Talent, das gerade seine erste NBA-Saison absolviert. In San Antonio verliert der 2,25-Meter-Alien zwar ein Spiel nach dem anderen (schon 30 Niederlagen in 35 Partien), produziert jedoch solch spektakuläre Szenen, wie sie andere Stars in einem ganzen Basketballerleben nicht hinbekommen. Hätten sie ihn eingeflogen – dann würde die Basketballwelt tatsächlich wieder auf Paris blicken.
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