Im Isar-Loisach-Stadion wütete der Kaiser

von Redaktion

Zigaretten, Currywurst und Testspielklatschen: (Fußball-)Bayern schwärmt von Beckenbauer

Freundschaftsspiele? Gab es für den Kaiser nicht. Am 29. Juli 1975 gastierte der FC Bayern in Wolfratshausen. Nach 16 Minuten traf Wölfe-Wirbler Maximilian Auer zum 1:1-Ausgleich. Und dem Bayern-Libero verging die gute Laune. „Ja, sind wir denn nur Blinde!?“ tobte der 29-jährige Beckenbauer. Die Bayern-Profis rissen sich zusammen – und schenkten den Wölfen noch 18 Tore ein. Zwei davon schoss Beckenbauer höchstselbst – bejubelt von rund 6000 Zuschauern im Isar-Loisach-Stadion. Endstand 2:19.

Ja, es gibt diese Tage, die vergisst man nie. So wie diesen Dienstag im August 1969, als der FC Bayern mit Kapitän Beckenbauer am Dachauer Stadtwald auflief. Es war, so schrieb die Heimatzeitung damals, das „beste Fußballspiel, das Dachau je gesehen hat“. Am 19. August 1969 unterlag der damalige Landesligist ASV Dachau vor 3500 restlos begeisterten Zuschauern dem Starensemble aus der Landeshauptstadt in einem Freundschaftsspiel mit 3:7. „Wir waren damals die führende Fußballmannschaft in der Dachauer Region, kein Wunder, dass so viele Zuschauer dieses Match sehen wollten“, erinnert sich Lothar Guckel, der damals als jüngster Spieler in der Startformation des Herausforderers stand. Einer der Dachauer Helden war damals ASV-Sturmtank Lothar „Bene“ Fischer, er ließ Bayern-Keeper Sepp Maier zweimal keine Chance. Matchwinner war allerdings ein anderer Torjäger, „kleines, dickes Müller“ lochte am Stadtwald gleich fünfmal ein.

Beckenbauer und Müller zaubern im Hölzlstadion

Es sind besonders die Freundschaftsspiele, die in bester Erinnerung geblieben sind. Wenn die großen Stars des FC Bayern in den kleinen Stadien zauberten. Wie auch 1972 im Emmeringer Hölzlstadion. 4200 Zuschauer kamen. Der 73-jährige Emmeringer Josef „Bebs“ Michl, ehemaliger Bayernliga-Schiedsrichter, damals aber noch aktiver Spieler des FCE: „Das war absolut der Höhepunkt in meiner fußballerischen Laufbahn“, schwärmt der Löwen- und Beckenbauer-Fan Michl heute noch von dem Spiel. Er habe gegen Gerd Müller gespielt und gedacht, den werde er schon ein wenig kaltstellen können. „Doch keine Chance. Beckenbauer stürmte meistens von hinten heran, Müller deutete geschickt und versteckt mit dem Daumen an, wo ihn Franz anspielen sollte – und schon war Müller weg und schoss ein Tor ums andere.“

Currywurst-Biergarten – und der Kaiser kam

Dass die „Lichtgestalt“ nun nicht mehr da ist, hat auch im Landkreis Starnberg Betroffenheit ausgelöst. Beckenbauer hat in aller Welt seine Spuren hinterlassen, so auch im Fünfseenland. 1989 feierte er im „Forsthaus am See“ in Possenhofen seinen 44. Geburtstag – mit Uwe Seeler, Legende des Hamburger SV, und Carlos Alberto, Kapitän der brasilianischen Weltmeister-Mannschaft von 1970. Letzterer setzte sich damals ans Klavier, um dem Kaiser ein Happy-Birthday-Ständchen zu spielen. 2008 kam Beckenbauer zu Michael Ballacks Hochzeit nach Starnberg, 2010 schaute er in Gauting vorbei – zur Eröffnung des nach Betreiberangaben „ersten Currywurst-Biergartens der Welt“.

„Ja mei, die Leute müssen es ja auch lesen wollen“

Auch in Erding ist die Trauer um Franz Beckenbauer groß. Deutschlands größter Fußballer hatte einige enge Verbindungen zu Erding. Mit Dieter „Mucki“ Brenninger hat Beckenbauer in den 60er- und frühen 70er-Jahren beim FC Bayern gespielt, mit Weißbräu-Inhaber Werner Brombach verband ihn eine jahrelange Freund- und Partnerschaft. Brenninger erinnert sich an eine Nacht in einem Gästehaus. „Wir konnten beide scheinbar nicht schlafen und sind uns dann auf dem Gang begegnet. Wir haben ein Zigaretterl geraucht – und der Franz hat mir dabei erzählt, dass man nicht nur allein vom Fußball leben kann, sondern auch über den Tellerrand hinausschauen muss.“ Und als er Beckenbauer darauf ansprach, dass in seinem Buch „Der Libero“ nicht jede Anekdote so ganz richtig sei, „meinte der Franz nur: ,Ja mei, die Leute müssen es ja auch lesen wollen’.“

1990 feierte Hans Pflügler mit Franz Beckenbauer den WM-Titel in Italien. Dem Freisinger ist besonders eines in Erinnerung geblieben: „Immer, wenn Leute auf ihn zugegangen sind, hat er sich Zeit für sie genommen. Das war wirklich unbeschreiblich. Ich kann gar nicht zählen, wie oft er mitten im Gespräch einfach auf dem Weg stehen geblieben ist, um Autogramme zu verteilen.“

Wie die Götter

Spuren hat der Kaiser auch an der Bar hinterlassen. Viele Abende verbrachte Beckenbauer mit der in Tölz lebenden Mecky York – der einstigen Barchefin des „La Cave“ an der Münchner Maximilianstraße. „Er war Stammgast und kam immer mit Robert Schwan.“ Beckenbauer habe zu den Gästen gehört, die nach dem Abendessen nach Hause gingen. „Er saß selten an der Bar und war nie betrunken.“ Ab und an habe man an der Tür Fans abhalten müssen. „Er war wahnsinnig berühmt. Die Bayern-Spieler waren die Götter damals.“  feb, dn, ,gma, dst, pz, pir

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