Augsburg: Mit Mut und ohne Bus gegen Spitzenreiter Leverkusen

von Redaktion

Augsburg – Der FC Augsburg hat sich schon einmal in die Geschichtsbücher der Bundesliga eingetragen, im Frühjahr 2014 war das. Als erstem deutschen Verein gelang es ihm, den FC Bayern unter Pep Guardiola zu besiegen. Die Münchner hatten die Liga auseinandergenommen und die Deutsche Meisterschaft in der Tasche – und der FCA nutzte es aus, dass die Bayern sich einen Augenblick zurücklehnten. Die Schwaben gewannen ihr Heimspiel 1:0, das Tor erzielte Sascha Mölders, der hernach mit Megafon im M-Block bei den Ultras stand und das Team und sich feierte; Trainer war Markus Weinzierl. Lange her.

Knapp zehn Jahre später hat der FC Augsburg die Chance, wieder eine besondere Marke zu setzen. 2024 beginnt an diesem Samstag (15.30 Uhr) mit dem letzten Spieltag der Saison-Hinrunde, durch die Bayer Leverkusen ohne Verfehlung geschwebt ist. In der Liga verlor es keine der der 16 Partien, rechnet man Pokalwettbewerb und internationales Programm dazu, stehen in der Bilanz des Werksclubs 25 Partien mit 22 Siegen. Bezwungen wurde er noch nicht. Doch das haben nun die Augsburger vor. „Ich mag Herausforderungen“, sagt Jess Thorup, der Trainer, der im Oktober Enrico Maaßen ablöste, den FCA ins Mittelfeld lotste und mit seiner Art den kompletten Verein beseelte. Obwohl 2023 mit einer 0:3-Niederlage in Stuttgart ausklang, glaubt Augsburg noch, den Thorup-Effekt zu verspüren. Man spricht vom „veränderten Mindset“, den der Däne – Typ Trainer-Grandseigneur – eingeführt habe.

Die Gelegenheit, die ungeschlagenen Leverkusener zu besiegen, erscheint günstiger als vor Weihnachten. Für den Afrika Cup muss Tabellenführer Bayer vier Spieler abstellen, das ist der bislang größte Eingriff ins Gefüge. Und die Nachricht, dass der für Nigeria vorgesehene beste Bayer-Torschütze Victor Boniface wegen einer Muskelverletzung drei, vier Monate fehlen wird, könnte die Stimmung beeinträchtigt haben. Jess Thorup sieht sein Team jedenfalls in der Position, für eine Überraschung sorgen zu können: „Wir spielen im eigenen Stadion vor unseren tollen Fans, da ist alles möglich.“ Er will sein Team mitspielen lassen und verspricht: „Wir werden nicht den Bus vor unserem Tor parken und nur verteidigen.“ Florian Wirtz, das Leverkusener Genie, „das an fast jeder Aktion beteiligt ist“, will er nicht mit mehr Aufmerksamkeit bedenken als dessen Mitspieler: „Wir werden Wirtz nicht in Manndeckung nehmen, wir sind keine Handball-Mannschaft.“

Sehr speziell ist die Leverkusen-Historie des FC Augsburg. In seinen ersten elf Bundesligajahren (2011 bis 22) war Bayer der Angstgegner schlechthin, der FCA gewann keines der 22 Spiele. Dann gelangen 2022/23 gleich zwei Erfolge unter dem nun gefeuerten Enrico Maaßen – und zwar in der Rückrunde auch gegen den jetzt als Bayer-Wundertrainer gefeierten Xabi Alonso. Für Jess Thorup ist es die erste Begegnung mit dem Spanier.

Thorup hat nach zunächst zwei Monaten im Hotel eine Wohnung bezogen, in die Weihnachtsferien fuhr er mit dem Auto und holte Teile seines Hausstands aus Dänemark ab. Im neuen Jahr reiste er mit dem FCA-Kader für ein Wochenende ins Pitztal für Teambuilding-Maßnahmen, „um näher zusammen zu kommen“. Obwohl Thorup in Augsburg anerkannt erfolgreich arbeitet – einige Spieler wie der kroatische Stürmer Dion Beljo sind unzufrieden mit ihren Einsatzzeiten. Den über 30 Mann großen Kader hätte Thorup gerne ein wenig reduziert, um noch zielgerichteter arbeiten zu können.

In seinem 13. Bundesligajahr möchte der FCA weg von der stetigen Beschäftigung mit dem Abstiegskampf, er erinnert sich an seine besten Zeiten (2014: Platz acht, 2015: Platz fünf). In der Stadt ist der FCA angesagt wie lange nicht, der Heimbereich fürs Leverkusen-Spiel ist trotz Kältewelle ausverkauft – und die Gäste werden ihren Sektor wahrscheinlich auch füllen. Und das Publikum richtet den Blick auch schon auf das Heimspiel zwei Wochen nach Leverkusen. Dann kommen die Bayern. Die Tickets waren binnen eineinhalb Tagen weg. Stärkster Andrang, seit man in der Europa League 2016 auf Liverpool traf. Was Vereinsgeschichte ist wie der erste Bundesliga-Sieg gegen Bayern. GÜNTER KLEIN

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