Es herrschte Unklarheit beim FC Bayern, wie die anstehende Woche in Portugal nun genau zu bezeichnen ist. Vom klassischen Trainingslager bis zum Mini-Camp waren zuletzt alle möglichen Ausdrücke für die vier Tage an der Algarve zu hören. Klar ist aber: Bei der Rückrunden-Vorbereitung in Faro soll das Teambuilding im Vordergrund stehen. Neben den üblichen Ausdauer- und Taktik-Übungen will Thomas Tuchel seine Spieler vor allem als Mannschaft zusammenschweißen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Egal, ob 2013 oder 2020 – immer, wenn der FC Bayern die ganz großen Erfolge feierte, war der Teamgeist besonders stark ausgeprägt.
Und so tut der Rekordmeister gut daran, als Verein noch enger zusammenzuwachsen. Wie viel das Menschliche zählt, hat die jüngere Vergangenheit erst wieder gezeigt. Oliver Kahn ist auch daran gescheitert, seine Rolle beim FC Bayern mehr als Wirtschafts-CEO anstelle eines Menschenfängers zu interpretieren. Sadio Mané stand spätestens nach seinem Schlag gegen Leroy Sané im Abseits. Und der besondere Umgang mit dem Tod von Franz Beckenbauer bewies, wie eng die Bayern-Familie in Ausnahmesituationen zusammenrückt. Der FCB strahlte in all diesen Fällen aus, dass der Zusammenhalt von Mannschaft und Verein in diesem Club über allem steht.
Damit dieses Gefühl auch Neuzugänge wie Eric Dier oder die mitgereisten Nachwuchsspieler eingeimpft bekommen, setzt Tuchel umso mehr auf Teamspirit. Dabei erwarten die Spieler auch fußballfremde Aktivitäten, das Trainingsgelände „The Campus“ bietet mit Tennisplätzen und Fahrradstrecken allerhand Optionen. Das Motto dabei: 11 Freunde müsst ihr sein! Ob sich mit einer besseren Chemie auch die weiterhin zögerliche Transfer-Politik kompensieren lässt, sei dahingestellt. Schließlich nützt auch der beste Teamgeist nichts, wenn im Kader bei Ausfällen keine Alternativen bereitstehen.
Trotzdem kann es gerade in der entscheidenden Saisonphase wichtig sein, den Mannschaftsgeist schon früh geschärft zu haben. Wenn jeder Spieler weiß, dass er sich auf seinen Kollegen verlassen kann, fällt das Kämpfen und Verteidigen leichter. Gerade in der K.o.-Phase der Champions League könnten diese paar Prozentpunkte entscheidend werden – die Triple-Sieger aus 2013 und 2020 haben es vorgemacht.
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