München – Vier Tore gegen Tirol (4:1), gar sechs in Bregenz (6:3) – es rührt sich wieder was im Angriff des TSV 1860, der Ende des zurückliegenden Jahres trainerübergreifende 486 Pflichtspielminuten trefferlos geblieben war. Doch wie viel Hoffnung lässt sich daraus für den Drittliga-Alltag ableiten? Was sagen sie aus, die Torfestivals gegen österreichische Clubs, die noch etwas tiefer im Winterschlaf steckten als die Löwen, die bereits am Samstag gegen den MSV Duisburg (16.30 Uhr) hellwach sein sollten?
Klar ist: Sowohl Christian Werner, der neue Sportboss, als auch Argirios Giannikis, der neue Trainer, nehmen die Torflaute in der Liga auf die leichte Schulter. Während Werner Ausschau nach Sturmschnäppchen hält, feilt Giannikis an Modellen, die 1860 auch im anstehenden Abstiegskampf Durchschlagskraft verleihen (4-4-2 mit Doppelspitze). Zupass kommt ihm dabei, dass sich drei zwischenzeitlich bereits abgeschriebene Angreifer im Aufwind befinden.
Fynn Lakenmacher
Sein Vertrag endet im Sommer, eine vorzeitige Vertragsverlängerung ist gescheitert – nur logisch also, dass der blonde Sturmhüne die 19 verbleibenden Spiele mit 1860 nutzen möchte, um sich für einen neuen Verein in Stellung zu bringen. Was auffällt: Lakenmacher haut sich wieder mehr rein, seit Maurizio Jacobacci Anfang Dezember entlassen wurde. In der Liga wurde sein gesteigerter Eifer noch nicht belohnt, in den Testspielen schon. Beim 1:0 gegen Tirol ging er erfolgreich einem langen Schlag von Abwehrchef Verlaat nach, schob den Ball lässig an einem sich verschätzenden Keeper ins leere Tor. Am Samstag in Bregenz war er zur Stelle, als ein Eckball an den hinteren Pfosten durchgerutscht war. Macht „Laki“ so weiter, sollte das Ende seiner Pflichtspiel-Durststrecke nicht mehr allzu lang auf sich warten lassen.
Valmir Sulejmani
Menschlich schien der charismatische Teamplayer ein Gewinn für 1860 zu sein, als er im Sommer aus Ingolstadt kam, aber sportlich? Hinter Sulejmani (27) liegt eine Hinrunde zum Vergessen – zu diesem Urteil würde wohl auch Papa Bajram gelangen, der der größte Kritiker des in allen drei Profiligen erprobten Stürmers ist. Zusammen mit Tarsis Bonga (jetzt Halle) und Marlon Frey schien der Kosovare spätestens seit dem Totopokal-Aus in Pipinsried aufs Abstellgleis geraten zu sein. Plötzlich jedoch: Sulejmani zeigt sich auf dem Spielfeld, er fordert und verteilt Bälle – und er deutete in beiden Testspielen an, dass er nicht gewillt ist, das Kapitel 1860 so zu beenden. Speziell sein Auftritt in Bregenz macht Mut: Volley-Drehschuss in den Winkel zum 3:3, zwei schöne Flnaken von links, die zum 4:3 (Zejnullahu) und 5:3 (Sür) führten – so darf er weitermachen.
Mansour Ouro-Tagba
Genauso überraschend, wie ihn Jacobacci aus dem Hut gezaubert hatte, ließ der Italo-Schweizer ihn fallen, nachdem der U 21-Stürmer im Juni seinen ersten Profivertrag unterschrieben hatte. Ungewohnt barsch hatte der Ex-Trainer das Kopfballspiel des 1,90 m langen Linksaußen kritisiert. Dass Ouro-Tagba dafür einen umso feineren linken Fuß hat, bewies er nun beim Testspiel-Doppelpack, den er mit Toren, Assists und einem herausgeholten Strafstoß bereicherte. Einen Kaderplatz für Duisburg und Lübeck (Dienstag, 19 Uhr) dürfte der 19-Jährige sicher haben. Danach jedoch winken nationale Ehren. Obwohl in den USA geboren, flatterte Ouro-Tagba eine Einladung des togolesischen Verbandes ins Haus: Ende Januar, Anfang Februar darf er ein internationales Turnier für das Heimatland seiner Eltern bestreiten. Kehrt er als frischgebackener A-Nationalspieler zurück, könnten alle etwas davon haben. ULI KELLNER