Hail – Auf der Bühne in der Oasenstadt Hail wurde vor dem Briefing für die nächste Etappe der Rallye Dakar ein Foto von Carles Falcon präsentiert. Bevor sich der Blick beim Wüstenrennen wieder nach vorn richtete, gedachte das Starterfeld des verunglückten Spaniers, der acht Tage nach einem folgenschweren Sturz mit dem Motorrad gestorben war. Auf dem sandigen, staubigen Boden standen Fahrer und Mechaniker, sie trauerten.
„Am Montag, den 15. Januar, hat Carles uns verlassen“, hatte sein Team TwinTrail Racing Stunden zuvor mitgeteilt – und für Bestürzung nicht nur im Biwak, sondern in der gesamten Motorsportwelt gesorgt.
Auf dem Weg von Al-Henakiyah nach Al-Duwadimi war Falcon auf der zweiten Etappe mit seiner KTM zu Fall gekommen und wiederbelebt worden. Im künstlichen Koma brachte ihn ein Helikopter ins nächstgelegene Krankenhaus, von dort ging es weiter in eine Klinik nach Riad und schließlich per Spezialtransport in seine Heimat. Vergeblich. Der „neurologische Schaden“ beim 45-Jährigen war „irreversibel“.
Jahr für Jahr kämpfen beim legendären Wüstenrennen die Teilnehmenden um Ruhm und Ehre. In Autos und Trucks, auf Motorrädern und Quads stürzen sich waghalsige Fahrerinnen und Fahrer ins Abenteuer. Falcons Tod zeigt einmal mehr: Die Rallye Dakar ist gefährlich. Lebensgefährlich.
Seit der ersten Austragung im Jahr 1979 sind laut der Nachrichtenagentur AFP 28 Teilnehmer, darunter 23 Motorradfahrer, während oder infolge der Rallye ums Leben gekommen. Auch die 46. Ausgabe blieb von einem tödlichen Unglück nicht verschont.
Das wohl härteste Marathonrennen der Motorsportwelt wird organisiert, „damit es ein Fest ist“, sagte Dakar-Direktor David Castera nach dem nächsten tragischen Unfall: „Aber wir wissen, dass es ein Risikosport ist, alle Teilnehmer wissen das. Wenn so etwas passiert, ist das immer ein schmerzhafter Moment.“
Mit riesiger Geschwindigkeit brettern die Starter durch die Wüste, meistern engste Schluchten und höchste Dünen. Eine kleine Unachtsamkeit, eine kleine Bodenwelle, ein kleines Schlagloch genügt, um großen Schaden anzurichten.
So überschlug sich in diesem Jahr beispielsweise der deutsche Navigator Timo Gottschalk mit seinem saudi-arabischen Fahrer Yazeed Al-Rajhi – bei 150 bis 160 km/h. „Zum Glück sind wir unverletzt ausgestiegen“, zeigte sich der Berliner sichtlich erleichtert. Der Toyota-Rennwagen aber war so stark beschädigt, dass die beiden als Gesamtführende der Ultimate-Wertung aufgeben mussten.
Falcon hingegen war spanischen Medien zufolge halb so schnell unterwegs, knallte jedoch mit dem Kopf vorweg auf den Boden. Halswirbel, fünf Rippen, linkes Handgelenk, Schlüsselbein. Brüche über Brüche diagnostizierten die Ärzte, dazu ein Hirnödem.
Im Biwak in Hail, wo der Dakar-Tross nach der neunten Etappe eingekehrt war, brachten Motorrad-Piloten ihre tiefe Trauer zum Ausdruck. „Dieser Sport versetzt dich jedes Jahr in Angst und Schrecken“, sagte Falcons spanischer Landsmann Javi Vega. Das merke „man erst richtig, wenn es jemanden trifft, der einem nahesteht. Wir sind alle bestürzt und denken an die ganze Familie und sein Team.“ sid