Berlin/Köln – Juri Knorr flachste mit seinem Kumpel David Späth, Sebastian Heymann posierte lächelnd für Fotos mit Fans: Mit der Abreise aus Berlin hakten Deutschlands Handballer das 30:33 gegen Frankreich, ihren ersten EM-Dämpfer, endgültig ab. Die Vorfreude auf das erste Hauptrunden-Festspiel in Köln gegen Island (heute, 20.30 Uhr, ZDF) überstrahlte alles – zumal die Chancen im Turnier weiter völlig intakt sind.
„Es ist ein bisschen wie nach Hause kommen“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer am Mittwochmorgen am Gleis 14 des Berliner Hauptbahnhofs, ehe er gemeinsam mit den DHB-Männern den ICE 952 in Richtung des verschneiten NRW bestieg. „Wir haben jetzt vier Endspiele für ein ganz großes Ziel: das Halbfinale zu erreichen. Es ist nichts verloren.“
Auf dem Weg zu einem neuen Wintermärchen im eigenen Land setzt das Team auf den Faktor Köln. „Das ist das Mekka des Handballs“, sagte Rechtsaußen Timo Kastening mit Blick auf die knapp 20 000 Zuschauer, die das Team dort in der größten Halle im Land nach vorne peitschen werden: „Ab nach Köln – und dann wieder gewinnen.“
Trotz des 30:33 zum Vorrundenabschluss gegen Olympiasieger und Rekordweltmeister Frankreich hat Deutschland das Erreichen der Medaillenspiele in der eigenen Hand. „Ich bin wirklich guter Dinge. Das ist nicht so, dass wir heute hier keine Chance hatten“, sagte Rune Dahmke nach dem Frankreich-Spiel. Hinzu kommt, dass Alfred Gislasons Team in Hauptrundengruppe I keine Gegner aus der absoluten Weltspitze mehr vor der Brust hat (siehe Text unten): Island, Österreich, Ungarn, Kroatien.
Und wie erwähnt: Es bleibt der Faktor Köln. Noch nie hat eine DHB-Auswahl in der Kathedrale des Handballs, wo Markus Baur, Henning Fritz & Co. vor 17 Jahren den WM-Thron erklommen, auch nur ein Turnierspiel verloren. Nicht 2007 und auch nicht bei der WM 2019, die der DHB gemeinsam mit Dänemark ausrichtete. „Wenn ich mir das vorstelle, habe ich schon wieder richtig Bock zu spielen“, sagte Kastening.
Und Dahmke prophezeite voller Vorfreude auf den Hexenkessel: „Das wird fantastisch. Die Stimmung ist immer phänomenal. Die kann uns mächtig beflügeln.“ Auch Gislason, der mit dem THW Kiel in Köln-Deutz zweimal den Champions-League-Titel gewann, würde gerne weitere „schöne Momente“ in der Domstadt erleben: „Aus meiner Sicht schlägt Köln nichts.“
Die gefährliche Aufgabe gegen seine Landsmänner um die Magdeburger Rückraum-Achse Gisli Kristjansson und Omar Ingi Magnusson dürfte aber eine weitere Reifeprüfung werden. Eine Niederlage würde den Medaillentraum in weite Ferne rücken. Zumindest hätte man die Geschicke bei diesen Titelkämpfen nicht mehr selbst in der Hand. „Wir dürfen kein Spiel mehr verlieren“, sagte Gislason und warnte vor Island: „Die haben noch nicht das rausholen können, was in der Mannschaft steckt. Aus meiner Sicht haben sie die besten Rückraumreihe mit den Franzosen.“
Aber eben keinen Heimvorteil. sid