Gegen die eigene Familie

von Redaktion

Für DHB-Coach Gislason ist die Island-Partie „besonders“ – es ist seine Heimat

Berlin – Sein Vater wird da sein, seine Brüder und Onkel – doch Alfred Gislason kennt vor dem EM-Duell gegen sein isländisches Heimatland kein Pardon. „Ich werde alles dafür tun, meinen Beitrag zu leisten, dieses Spiel zu gewinnen. Das kann ich garantieren“, versprach der Bundestrainer der deutschen Handballer vor dem Hauptrunden-Auftakt am Donnerstag (20.30 Uhr/ZDF und Dyn) in Köln – und öffnete sein Herz: „Ich bin zwar Isländer, aber ich arbeite mit dieser Mannschaft. Und ich liebe diese Mannschaft.“

Die nächste EM-Partie, das betonte Gislason, sei „ein sehr persönliches und besonderes Spiel für mich“, das er „ungern“ verlieren möchte. „Ich bin da sehr egoistisch. Aber das ist bei uns auch unter Freunden und in der Familie so, dass man immer gewinnen will.“ Er werde, versicherte Gislason, beide Nationalhymnen mitsingen. Bei seinen Verwandten sei er „sehr gespannt, ob sie in deutschen Trikots oder isländischen“ in die Halle kommen, „und auf welcher Seite sie diesmal sind.“

Gislason ist ein außergewöhnlicher Familienmensch. Er pflegt eine innige Beziehung zu seiner 52 (!) Mitglieder zählenden Großfamilie, zu seinen Eltern, seinen Geschwistern, seinen Kindern und seinen Enkelkindern. Da kommt es nicht von ungefähr, dass die Liebsten in der isländischen Heimat am Fernseher mitfiebern, wenn Sohn, Vater und Großvater Alfred mit Deutschland bei großen Turnieren aufläuft.

Schwierig wird es nur, wenn der Gegner wie am Donnerstag Island heißt. „Jetzt haben wir vier Endspiele. Das ist so“, sagte Gislason, bevor er den Zug bestieg. Der DHB-Coach betonte allerdings auch, „von Spiel zu Spiel“ denken zu müssen. „Jetzt ist Island der nächste Gegner.“ Ein ganz besonderer noch dazu.

Über seine Enkel, die er alle schon mit Deutschland-Trikots ausgestattet hat, erzählte Gislason vor einem Jahr mal, „dass sie am Ende trotzdem eher zu Opa stehen würden“. Im deutschen Team besteht keinerlei Zweifel daran, dass Gislason mit dem richtigen Fokus in das richtungweisende Spiel gehen wird. „Alfred ist vor allem an einer Sache interessiert“, sagte Torhüter Andras Wolff, „und das ist Gewinnen. Da ist es ihm egal, ob das die Isländer oder die Österreicher oder wer auch immer sind.“

Fast sein halbes Leben verbringt Gislason inzwischen in Deutschland. 24 Jahre alt war er, als er 1983 erstmals als Spieler nach Deutschland zu TUSEM Essen wechselte. Zur Legende wurde er hierzulande dann als Trainer vor allem des SC Magdeburg und beim THW Kiel. „Ich bin in vielerlei Hinsicht ziemlich deutsch geworden“, erzählte Gislason vor dem Turnier am ARD-Mikrofon: „Das sagen meine Freunde.“ Für einen Isländer sei er vor allem „ungewöhnlich pünktlich“.  sid

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