Zerstört Kitzbühel seinen Mythos?

von Redaktion

Auch 2024 zwei Streif-Abfahrten: Ski-Kaiser Klammer dagegen – Veranstalter verteidigt sich

VON KATHARINA BRUMBAUER UND THOMAS JENSEN

München – Ob Franz Klammer das ewige Streif-Stockerl im Kopf hat? Der Abfahrtsrekordmann des Weltcups (25 Siege) hat zwar nicht die meisten Kitzbühel-Triumphe vorzuweisen – aber mit vier Erfolgen im Nobel-Ort liegt er gemeinsam mit seinem österreichischen Landsmann Karl Schranz (85) als Zweiter direkt hinter dem Schweizer Didier Cuche (fünf Siege). Dass sich das mit höherer Wahrscheinlichkeit eines Tages ändern könnte, wenn wie seit 2021 stets zwei Abfahrten statt nur einer abgehalten werden, kritisiert er gegenüber unserer Zeitung aber nicht.

Wohl aber, dass die Doppelung dem Spektakel den „Nimbus als Highlight der Saison“ nimmt. „Es ist das wichtigste Rennen des Jahres. Ein Rennen, ein Hahnenkammsieger“, sagt Klammer: „Ich bin dagegen, das inflationär zu behandeln.“ Der 70-jährige Kärntner ist mit seiner Meinung nicht alleine. Einige aktive und ehemalige Athleten äußerten sich zuletzt ähnlich. Der österreichische Ex-Fahrer Hans Knauß, Streif-Sieger von 1999, erklärt gegenüber unserer Zeitung. „Für mich war der Super-G immer ein gutes Warm-Up ins Kitzbühel-Wochenende. Auch von der Belastungssteigerung her.“ Allerdings fällt dem 52-jährigen Steirer auch ein Argument für zwei Abfahrten ein: „Dann hat man am Samstag nicht die Spuren vom Super-G am Freitag in der Strecke.“

Weniger Spuren – mehr Sicherheit. Das betonen auch die Veranstalter. „Donnerstags ein Abfahrtstraining, freitags der Super-G und samstags wieder Abfahrt“, zählt Jan Überall, stellvertretender Vorsitzender des Organisationskomitees, auf. „Die blauen Linien überall haben Auswirkungen. Der Alkohol bindet den Schnee und das kann zu Störungen in der Piste führen.“

Überall persönlich würden ein Super-G und eine Abfahrt „nicht schlechter gefallen“ und er räumt ein, dass „Exklusivität verloren geht.“ Doch dem gegenüber stünden die Sicherheit und die Nachhaltigkeit: „Wir brauchen weniger Schnee in der Beschneiung, da die Fläche schmaler ist.“ Und auch für den Fall, dass zu viel Schnee liegt, sei man besser gerüstet, weil „man bei einer Strecke weiß, auf was man sich konzentrieren muss“, erklärt Überall. Früher sei der Super-G oft geopfert worden, da die Abfahrt Priorität hatte. Auch ein witterungsbedingter Tausch mit dem Slalom sei so leichter.

Diese Flexibilität bedeute eine „brutale Sicherheit, was die Renndurchführung betrifft“. Erkannt habe man das vor allem nach 2021, als Corona-bedingt Speed- und Technikrennen getrennt wurden und es statt des Slaloms eine zweite Abfahrt gab. Trotzdem seien die Kitzbüheler für die Zukunft gesprächsbereit, hält Überall fest.

Behauptungen, Finanzielles sei die Motivation, tritt er entgegen: „Reiner Blödsinn“. Tatsächlich kamen vergangenes Jahr am Freitag 20 000 Zuschauer – das entspricht in etwa dem Durchschnitt der Jahre vor Corona, als der Freitag der Super-G-Tag war.

Aus dieser Zeit stammt auch der letzte deutsche Streif-Sieger. Thomas Dreßen gewann 2018 in Kitz sein erstes Weltcuprennen überhaupt. Sechs Jahre später wirkt es nicht so, als könnte er das wiederholen. Der 30-jährige Mittenwalder hat das zweite Training am Mittwoch ausgelassen. „Ich möchte mein Knie schonen“, sagte Dreßen: „Ich habe mir gestern alles angeschaut und weiß, wo die Kriterien liegen.“ Am Freitag und Samstag wolle er starten – ob das tatsächlich klappt, scheint allerdings offen. Der Verletzungsgeplagte hatte am Samstag in Wengen mit Tränen in den Augen von neuerlichen Schmerzen berichtet. Beim Training am Dienstag habe sich das Knie immerhin „gut angefühlt“.

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