„Ich war immer eine Revoluzzerin“

von Redaktion

Karin Danner wird 65 – und blickt im „Unruhestand“ auf harte Kämpfe und Hoeneß’ Hilfe

München – Bester Laune und in echter Plauderlaune kommt Karin Danner zum Interview. Die Macherin der FC Bayern Frauen, die sich im Sommer nach 28 Jahren in den Ruhestand verabschiedet hat, fühlt sich noch pudelwohl an der Säbener Straße, das merkt man. Und sie freut sich auf ihren 65. Geburtstag am Montag.

Frau Danner, die 65: Eine Zahl – oder mehr für Sie?

Eine Zahl, genau wie 62, 63, 64. Die runden Geburtstage in jüngeren Jahren habe ich gefeiert – aber über 60 muss ich das nicht mehr machen. Im kleinen Kreis werden wir schön essen gehen, das war’s.

Schauen Sie lieber zurück oder nach vorne?

Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich länger zurück als vorausschauen kann. Es wäre zwar schön, wenn es noch bis 120 weitergehen würde, aber damit kann man ja nicht rechnen (lacht). Daher schaue ich gerne in beide Richtungen, das muss man auch, weil ich schon viel erlebt und erreicht habe, die Zukunft aber noch viel bringen kann. In meinem „Unruhestand“.

Den hatten Weggefährten Ihnen auch prognostiziert.

Sie hatten Recht (lacht). Ich fühle mich nicht als Rentnerin und habe das erste halbe Jahr sehr genossen, weil ich mich einfach habe treiben lassen. Ich bin in der Findung, langweilig war mir noch nicht einmal.

Wie schwer fällt es Ihnen, nicht mehr im täglichen Business dabei zu sein?

Dafür, dass mir das nicht schwerfällt, habe ich ja gesorgt. Ich bin ein Typ, der brutal stark ist, wenn er Ziele erreichen will, kann aber auf der anderen Seite sehr gut loslassen. Dieser Prozess hat irgendwann in den letzten ein, zwei, drei Jahren eingesetzt, deshalb konnte ich mich auch auf den Abschied freuen. Ich habe mein Amt in gute Hände gegeben, das macht es einem leichter.

Auch Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge hatten diesen Plan… Wie oft wird Ihr Rat gesucht?

Am Anfang ist es ja gut, wenn man einen gewissen Abstand hat. Außerdem bin ich mir bei Bianca Rech immer sicher: Die wuppt das! Ich habe mich nicht aufgedrängt, sie soll und will ja auch ihre eigenen Wege gehen. Ich habe da 100-prozentiges Vertrauen. Ich habe mich nicht rar gemacht, schaue mir die Spiele nach wie vor an. Aber ich lasse sie natürlich machen. Wir haben sechs Jahre eng zusammengearbeitet – und waren fast immer derselben Meinung. Ein Austausch findet auch heute noch statt, aber nicht regelmäßig.

65 Jahre, mehr als 50 Jahre mit Fußball. Gibt es zum Geburtstag die klassische Fußballtorte?

Die habe ich in den Jahren schon oft genug bekommen und gegessen (lacht). Immer, wenn ich solche Zahlen höre, bin ich wieder dankbar, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte, das alles erleben durfte. Obwohl ich viel kämpfen musste für den Frauenfußball ab den siebziger Jahren, hat es mich immer mit sehr viel Stolz erfüllt. Das wird mir im Nachgang immer bewusster.

Was wären Sie eigentlich ohne Fußball geworden?

Ich glaube, ich wäre in ländlichen Regionen geblieben – und hätte etwas Handwerkliches gemacht. Privat könnte ich Wohnungen renovieren, streichen, Böden legen. Das ist meiner Großfamilie mit sieben Geschwistern geschuldet. Wir haben immer alles selbst gemacht.

Und was wäre der Frauenfußball beim FC Bayern ohne Sie geworden?

Wir würden hier heute nicht sitzen und dieses Gespräch führen. Der Frauenfußball hat sich beim FC Bayern über die Jahrzehnte enorm entwickelt. Nicht alles ging von allein – ich musste oft kämpfen. Aber es hat sich gelohnt.

Erzählen Sie!

Ich habe nie lockergelassen – weil der Frauenfußball meine Berufung, mein Leben, meine Bestimmung war. Ich habe gekämpft mit allem, was ich habe. Und wenn wir mal in die achtziger, neunziger Jahre schauen: Wenn ich da nicht da gewesen wäre als hartnäckige Kämpferin, weiß ich nicht, ob es 50 Jahre Frauenfußball beim FC Bayern in dieser Form, wie wir ihn jetzt erleben, gegeben hätte. Da musste ich schon viel Kraft und Energie aufbringen.

Sie hören den Vergleich mit Uli Hoeneß nicht gerne. Aber er passt doch!

Es ist mir eine Ehre, mit Uli Hoeneß genannt zu werden und wenn da jemand Parallelen zieht. Er ist ein Herzmensch für mich. Er ist auch ein Macher-Typ, trägt sein Herz auf der Zunge. Ich war immer eine Revoluzzerin, habe gesagt, was ich gedacht habe. Außerdem war Uli auch für uns sehr wichtig.

Inwiefern?

Er war der Erste, der uns gefördert hat. Uli hat immer gesagt: die Frauen, die Frauen, die Frauen! Und wenn ich ihn getroffen habe, hat er gefragt: Was braucht ihr? Wir haben ihm unglaublich viel zu verdanken. Da kann ich auch gleich die Brücke zum Campus schlagen: Das war der Schritt in die Professionalisierung des Frauenfußballs beim FC Bayern. Uli war es, der gesagt hat: Die Frauen brauchen eine Heimat!

Wo steht der Frauenfußball in zehn Jahren?

Ich prognostiziere, dass die Bayern-Frauen an der Top-Spitze stehen, national und international. In den nächsten zehn Jahren ist viel zu holen, auch der Champions-League-Titel. Wir werden beim FC Bayern im Männer- wie Frauenbereich zwei starke Teams haben, die Serien-Meisterschaften feiern, am besten sind sie parallel erfolgreich. Die Möglichkeit ist gegeben, der Verein bietet alles.

Und Karin Danner mit 75?

(lacht) Auf jeden Fall stehe ich immer zum Frauenfußball, werde den Verein im Herzen tragen, das Team nach wie vor bei den Spielen unterstützen, helfen, wo ich kann. Und ich freue mich des Lebens, wenn ich noch mit 75 gesundheitlich gut beinander bin. Dann könnte ich noch meinem größten Hobby nachgehen, dem Golfspielen.

Also eine Golf-Torte?

Auch die habe ich schon mal bekommen (lacht). Ein Ball muss auf jeden Fall dabei sein – sonst wird es langweilig.

Interview: Hanna Raif

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