„Wenn man für das Programm nicht bereit ist, liegt man falsch“

von Redaktion

Die Schweizer Ski-Ikone Didier Cuche über die jüngsten Verletzungen etlicher Stars und den dichten Rennkalender

Wenn Streif-Rekordsieger Didier Cuche (5 Triumphe) heute und am Samstag in Kitzbühel(jeweils 11.30 Uhr/ARD und Eurosport) seinen Speed-Nachfahren in der Weltspitze zuschaut, fehlt ein Star-Trio: Für Aleksander Aamodt Kilde (Norwegen), Marco Schwarz (Österreich) und Alexis Pintulrault (Frankreich) ist die Saison nach ihren Stürzen in Bormio und Wengen vorzeitig beendet. Im Gespräch mit unserer Zeitung bewertet der 49-jährige Schweizer die Diskussion um einen womöglich zu dichten Rennkalender.

Didier Cuche, zwischen „Die Belastung ist zu groß“ und „Abfahrt-Sport war schon immer riskant“ – wo stehen Sie?

Es ist schwierig, das klar zu beantworten, da Verschiedenes reinspielt. Aber wenn ich die Sichtweise einnehme von Athleten, die nur Abfahrt und Super G fahren …  Die sind wahrscheinlich froh um jedes Rennen, auch jedes, das nachgeholt wird.

So, wie es in Wengen passiert ist, weshalb dort zwei und nicht nur eine Abfahrt gefahren wurden.

Ob Wengen optimal war, oder ob auch ein anderer Ort für eine Nachholabfahrt möglich gewesen wäre, weiß ich nicht. Aber eine Abfahrt war verkürzt. Zusammen mit einer normalen Abfahrt und einem Training ist das im machbaren Bereich, das gab es schon öfter. Noch ein Super G in Wengen war dann vielleicht nicht perfekt. Es ist in Wengen ein sehr langer Super G, der mehr an die Substanz geht als andere. Aber es kam in Wengen noch etwas anderes hinzu.

Nämlich?

Ich habe selbst nach dem Rennen am Samstag festgestellt, dass die Piste unruhig war. Auf so einer langen Strecke, 2:30 Minuten, ist man im Ziel dann bei Wellen und Schlägen noch ein paar Prozent müder als sonst. Allerdings stelle ich die Frage, ob wir das Thema jetzt überhaupt hätten, wenn sich Aleks Kilde, einer der großen Namen, der das normalerweise im Griff hat, nicht verletzt hätte.

Der ja angeschlagen ins Rennen gegangen ist …

Er hat es gewagt, es war seine Entscheidung und das sollte man nicht beurteilen. Aber wenn er ins Ziel kommt, glaube ich nicht, dass wir diese Thematik jetzt hätten.

Der dichte Kalender ist allerdings ein Dauer-Thema.

Für wen ist denn der Kalender extrem dicht? Eigentlich nur für vier, fünf Athleten, die im Gesamtweltcup angreifen wollen und drei oder mehr Disziplinen fahren. Odermatt, Pintulrault, auch wenn er dieses Jahr noch nicht so stark war, Schwarz und Kilde.

Nur Odermatt wird aus diesem Quartett in Kitzbühel am Start sein.

Aber er ist der Beweis, dass es geht. Klar, ist er auch der Überflieger. Und ich lasse jedem Athleten seine Meinung und respektiere diese. Nur persönlich sage ich: Wenn man für das Programm, für das man trainiert, im Winter nicht bereit ist, liegt man falsch. Ich habe mich nie gefreut über Absagen und immer gefreut, wenn Rennen nachgeholt wurden. Sich bei einem großen Programm die Kraft im Training richtig einzuteilen, ist natürlich auch wichtig.

Ohne diese Konkurrenten sind Odermatts Chancen, Streif-Sieger zu werden erhöht. Und sozusagen verdoppelt, da es inzwischen zwei Hahnenkammabfahrten an einem Wochenede gibt. Was halten Sie davon?

Idealerweise sollte man nur ein Abfahrtsrennen haben. Also, einen Streifsieger, oder auch einen Lauberhornsieger. Nachholrennen sind natürlich eine Ausnahme. Ich verstehe nicht, warum der Super-G in Kitzbühel nicht mehr auf dem Programm ist, er war ein super Einstieg in die Woche. Aber ich verstehe auch Argumente für zwei Abfahrten, zum Beispiel aus ökologischer Sicht. Der Aufwand, so eine Piste herzurichten, ist enorm hoch, sei es nun in Kitzbühel oder Wengen. Sinn ergibt es schon, da dann zweimal zu fahren, anstatt noch einen anderen Weltcuport zu suchen.

Interview: Thomas Jensen

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