von Redaktion

Falls sich jemand wundert, dass seit vielen Jahren mal wieder richtig Winter in München ist: Es könnte damit zusammenhängen, dass sich der TSV 1860 erstmals seit vielen Jahren dazu entschlossen hat, nicht für ein Januar-Trainingslager in den Süden zu fliegen. Bis 2023 gab der Verein jedes Mal viel Geld aus, um eine bestmögliche Rückrunden-Vorbereitung zu organisieren, voriges Jahr gönnte man sich sogar G20-erprobten Fünf-Sterne-Luxus in einem türkischen Wellness-Paradies. Diesmal sparte 1860 das Geld – und wurde mit Schnee, Eiseskälte und einem nicht bespielbaren Naturrasen bestraft. Ein früheres Präsidiumsmitglied, empfänglich für Astrologie, hat mal errechnen lassen, dass es dem TSV 1860 in die Wiege gelegt wurde, zum falschen Zeitpunkt an sich richtige Entscheidungen zu treffen. Die Sterne seien bei Vereinsgründung so schlecht gestanden, dass nichts anderes herauskommen konnte als ein Verein, der dazu verdammt ist, sich selbst im Weg zu stehen.

Womit wir in der Jetztzeit angelangt wären, in der sich die Löwen viel Mühe geben, die gewagte Astro-These mit Fakten zu untermauern. Die aktuelle Saison grob zusammengefasst: Ein sportchef-los zusammengezimmerter Kader spielte eine so uninspirierte Hinrunde, dass sich das Präsidium bemüßigt sah, mit sechs Monaten Verspätung einen Sportgeschäftsführer durchzuboxen – gegen den Willen der anderen Gesellschafterseite, die sich für den 50+1-Hammer bedankte, indem sie dem neuen Hoffnungsträger demonstrativ (und schriftlich) das Vertrauen entzog. Klingt wie Realsatire? Hat sich aber alles so zugetragen. Ach ja: Beinahe hätten die Löwen übersehen, dass sie ja auch einen neuen Cheftrainer brauchen, weil der alte, von der Investorenseite gewollte, nicht genug siegte. Der neue Trainer kam dann zehn Tage vor dem Rückrundenauftakt, mit guten Referenzen aus Griechenland, aber weniger guten aus der 3. Liga. Argirios Giannikis, vereinslos seit fast zwei Jahren und Gewinner eines Hotelcasting gegen den erprobten Feuerwehrmann Marco Antwerpen, soll nun jedenfalls den Klassenerhalt schaffen – ohne neuen Stürmer. Für einen Torjäger, eigentlich dringend benötigt, war offenbar keine Zeit mehr.

Zweifel sind erlaubt, ob wirklich allen im Club der Ernst der Lage bewusst ist – und ob wirklich alles dafür getan wurde, den Löwen eine Rückrunde zu ersparen, die schnurstracks ins Amateurlager führt. Mögen die Sterne ausnahmsweise mal mit 1860 sein. ULI KELLNER

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