Zwei Helden am Hahnenkamm

von Redaktion

Traumhafter Abschied für Dreßen in Kitzbühel – Traumlauf von Sarrazin

Kitzbühel – Es war ein Abschied, wie er würdevoller nicht hätte sein können. Als Thomas Dreßen um 12.52 Uhr an der Stätte seines größten Sieges ein letztes Mal abschwang, gab es kein Halten mehr. Nicht zuletzt der Franzose Cyprien Sarrazin, dem mit einem Traumlauf ein zweiter und grandioser Triumph auf der Streif in Kitzbühel gelang, stürmte auf den erfolgreichsten deutschen Abfahrer der Geschichte zu und ließ ihn hemmungslos hochleben.

Während ihm 45 000 Zuschauer zujubelten und sich sogar die VIPs auf der Tribüne um „Terminator“ Arnold Schwarzenegger ihm zu Ehren zu Standing Ovations erhoben, wurde Dreßen im Zielraum gefeiert. Sarrazin bespritze den Sieger von 2018 mit Sekt, der zweitplatzierte Marco Odermatt (Schweiz) fiel ihm um den Hals, der drittplatzierte Dominik Paris und Romed Baumann stemmten ihn auf ihre breiten Schultern. Auch Ehefrau Birgit mit Töchterchen Elena vor dem Bauch, Mutter Monika und Bruder Michael steckten mittendrin im Trubel.

Dreßen war sichtlich gerührt – und überrascht ob der spontanen Aktion der bisherigen Kollegen, die damit ausrückten: Da geht ein ganz Großer unseres Sports. „Dass sie mich so empfangen … es ist voll schön gewesen, ich habe gar nicht damit gerechnet, es war mega“, sagte Dreßen mit einem Lächeln und betonte: „Es ist der perfekte Tag für mich.“ Kurz dachte er auch an „meinen Papa, der leider nicht da sein kann“. Dirk Dreßen war 2005 bei einem Seilbahnunglück in Sölden ums Leben gekommen.

Als Dreßen mit der Startnummer 31 unter den Klängen seines Wunschsongs „Thunderstruck“ von AC/DC und dem Jubel der Skifans auf die Strecke ging, stand Sarrazin bereits im Ziel und verstand die Welt nicht mehr. Einen Tag nach seinem ersten Sieg auf der Streif fuhr er bei Kaiserwetter „wie von einem anderen Planeten“, wie Andreas Sander als bestplatzierter Deutscher (23.) beeindruckt sagte. Den vor ihm gestarteten Odermatt deklassierte der Senkrechtstarter der Saison um 0,91 Sekunden.

„Ich kann das alles gar nicht begreifen, es ist verrückt, das ist sicher der beste Moment meines Lebens“, sagte der aufgekratzte Sarrazin, der vor Begeisterung über seine Fahrt gleich ausgelassen auf die Werbebande sprang. Auf den Tag genau sechs Jahre nach Dreßens Triumph bestritt der 29-Jährige erst seine 14. Abfahrt im Weltcup: Von den vergangenen fünf Rennen hat er nun drei gewonnen, zweimal wurde er Zweiter – jeweils hinter Odermatt. Der drittplatzierte Paris lag 1,44 Sekunden zurück.

Die Freude der Franzosen bekam auch seine Unterkunft zu „spüren“. Wir haben alle ein bisschen in meinem Zimmer gefeiert. Dabei ist das Bett kaputt gegangen – Entschuldigung an das Hotel“, sagte Sarrazin, der für sein Double 200 000 Euro Preisgeld kassierte.

Dreßens bisherige Teamkollegen konnten da erneut nicht mithalten. Sander zeigte sich zwar verbessert im Vergleich zu Platz 48 am Vortag, hatte aber auch schon 2,54 Sekunden Rückstand. Außer ihm kam nur noch Simon Jocher (28.) in die Punkte. Romed Baumann (33.), Josef Ferstl (34.), Luis Vogt (37.) und Dominik Schwaiger (44.) verpassten eine Platzierung unter den ersten 30. Dreßen wurde 46. und Letzter – aber das war ihm – zu Recht – herzlich egal.

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