DHB-Wiederauferstehung

Plötzlich wieder ein Top-Team

von Redaktion

MATHIAS MÜLLER

Der deutschen Fußball-Nationalmannschaft haftete lange das Prädikat „Turniermannschaft“ an. Seit der WM in Russland 2018 kann man sich das gar nicht mehr vorstellen, aber es gab eine Zeit, da war sich die (Fußball-) Welt sicher: Wenn es darauf ankommt, sind die Deutschen da. Bei den Handballern gestaltet sich das etwas anders. Viermal stand die DHB-Auswahl ganz oben. Sie war Weltmeister 1978 und 2007, sowie Europameister 2004 und 2016. Ausnahmslos durch das Turnier geflogen ist man dabei aber nie, irgendwo hakte es immer. 1978 zitterten sich Deckarm, Brand & Co. mit drei Unentschieden durch die Hauptrunde. 2004 war man nur Dritter einer Vierer-Vorrunde. 2007 war das Wintermärchen fast schon vorbei, bevor es begonnen hatte. Und 2016 starten die goldenen „Bad Boys“ ziemlich „bad“.

Ob das nun ein gutes Omen für das Gislason-Team ist? Schwer zu sagen, denn zu unterschiedlich waren die gezeigten Gesichter in den vergangenen Tagen. Gegen Ungarn präsentierten sich Köster & Co. runderneuert. Bewegung im Aufbauspiel, Spielwitz und Torgefahr aus dem Rückraum, all das war plötzlich wieder da. Das kann so weitergehen, oder auch nicht. Der Sieg gibt einen Schub, aber ganz stabil ist das DHB-System unter Druck noch nicht. Der traditionelle Hänger dürfte aber abgehakt sein. Ein erneuter Total-Einbruch ist nach der leidenschaftlichen und auch taktisch bemerkenswerten Ungarn-Vorstellung nur schwer vorstellbar. Zumal die Stimmung im kroatischen Lager mehr als dürftig ist. So ein schlechtes Team habe man lange nicht mehr gehabt, stöhnt die erfolgsverwöhnte Handball-Nation. Beim DHB verweisen sie dennoch pflichtbewusst auf das nächste schwere Spiel und sie tun gut daran, denn noch ist in der Gruppe zumindest theoretisch von Platz zwei bis vier alles offen.

Die Optimisten unter den acht Millionen TV-Zuschauern dürfen aber zumindest schon mit einem Auge auf das mögliche Halbfinale am Freitag gegen Dänemark linsen. Heiter sind die Aussichten freilich nicht. Coach Nikolaj Jacobsen könnte würfeln und hätte im Ergebnis eine absolute Weltauswahl aufgestellt, deren einziges Ziel nach drei WM-Titeln in Folge der EM-Thron ist. Eine Garantie ist die individuelle Überlegenheit auf dem Papier aber nicht, das haben die Deutschen im Derby gegen Österreich am eigenen Leib erfahren.

mathias.mueller@ovb.net

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