„Wir müssen eklig sein“

von Redaktion

Unions Kevin Volland über das Duell mit Bayern, die EM – und einen Bus aus dem Allgäu

München – Die Frage war kaum zu Ende gestellt, da schoss Kevin Vollands Antwort schon aus ihm heraus: „Natürlich!“, entgegnete der Ex-Löwe voller Unverständnis, als er darauf angesprochen wurde, ob seine Entscheidung für 1860 und gegen den FC Bayern als Jugendspieler die richtige Wahl war. „Ich hatte eine überragende Zeit bei Sechzig“ sagte Volland über die fünf Jahre in Giesing. Außerdem spricht der Union-Angreifer im Interview mit unserer Zeitung über den schwierigen Start in Berlin und seine kleine Hoffnung auf die EM im Sommer.

Kevin Volland, Sie haben 2015 schon nach neun Sekunden gegen den FC Bayern getroffen – überwiegen also gute Erinnerungen beim Gedanken an den Gegner?

Jede Partie gegen Bayern ist ein Highlight-Spiel. Mit Leverkusen habe ich auch schon gegen sie getroffen, das ist immer ein schönes Erlebnis. Schließlich misst man sich mit den Besten der Welt. Trotzdem geht es für uns auch in diesem Spiel um viel. Wir müssen schauen, dass wir eklig sind und unseren Fußball auf den Platz bekommen.

Sind Sie als Ex-Löwe doppelt motiviert?

Die Rivalität ist immer da, inzwischen aber eher im Nachwuchs. Als ich bei 1860 in der Jugend war, war es natürlich extremer. Wenn wir die Derbys gespielt haben, waren das die absoluten Highlights, da haben alle drauf hin gefiebert. Bis heute sind es die schönsten Erinnerungen aus meiner Zeit bei Sechzig.

Wie ist es heutzutage?

Jetzt hat es sich verschoben: Sechzig ist in der dritten Liga und Bayern ein riesiger Apparat. Die Rivalität aus der Jugend ist aber zumindest bei mir im Kopf geblieben – auch, wenn ich bei einem solchen Spiel sowieso keine Extra-Motivation brauche.

Sie haben mal in einem Interview erzählt, als Jugendlicher sogar beim Probetraining des FC Bayern gewesen zu sein. Warum haben Sie sich für 1860 entschieden?

1860 war schneller (lacht)! Außerdem hatten sie eine super Jugendarbeit, vielleicht eine der Top-Drei in Deutschland. Und durch den Internatsplatz wurden meine Eltern entlastet – da hat alles gepasst. Sechzig hat damals viel auf die Jugend gebaut, in der zweiten Liga war es leichter, den Sprung zu den Profis zu schaffen.

War diese Entscheidung rückblickend richtig?

Natürlich! Ich hatte eine überragende Zeit bei Sechzig, habe dort meine besten Kumpels kennengelernt und die Jahre in der U17 und U19 sehr genossen. Dazu waren wir in der Jugend sehr erfolgreich und ich habe meine ersten Schritte bei den Profis gesammelt. Das hat extrem viel Spaß gemacht.

Was gefiel Ihnen noch?

In München zu leben, war großartig. Ich bin auch jetzt noch häufig da und besuche Freunde, außerdem komme ich schnell zu meiner Familie ins Allgäu.

Können Sie rund ums Spiel noch einen Abstecher nach Hause machen?

Nach der Partie wird es zu spät. Aber ein paar Kumpels und meine Familie fahren aus dem Allgäu mit einem kleinen Bus nach München und feuern uns im Stadion an (lacht).

Bei Ihnen lief es zum Jahresende besser, sind Sie inzwischen richtig angekommen bei Union?

In dieser Phase brauchten wir ein Erfolgserlebnis, das war alles nicht leicht. Wenn man wenig spielt, eine dumme Rote Karte kriegt und nicht an seinem Leistungslimit ist, braucht man mal ein, zwei Spiele, bei denen man auf dem Platz steht und merkt: Oh, man kann es noch. Sowohl als Team, indem man gewinnt, als auch persönlich mit einem Treffer.

Worauf kommt es jetzt an?

Es ist wichtig, jetzt ein gutes zweites Halbjahr zu spielen: ekelig sein, viele Punkte holen und wieder den Union-Fußball auf den Platz bringen, der uns auszeichnet.

Welche Ziele haben Sie konkret?

Das Ziel ist der Klassenerhalt, und das wird schwer genug. Wir haben 14 Punkte und müssen jetzt performen, damit wir so früh wie möglich aus der kritischen Zone rauskommen – aber das wird ein langer Weg.

Ist die EM 2024 für Sie ein Ziel?

Ich war jetzt schon etwas länger nicht mehr dabei, deshalb kann ich das realistisch einschätzen. Aber: Vor der EM 2021 hätte ich auch nicht gedacht, dass ich mitgenommen werde. Deshalb kann es im Fußball immer schnell gehen, im Endeffekt liegt es an der eigenen Leistung. Aber wenn man realistisch ist, wird es verdammt schwer.

Interview: Vinzent Tschirpke

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