Das Modell Baller League

Keine Sorge, lieber Fußball!

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Ballerspiele sind böse. Also die an der Konsole, die Ego-Shooter, bei denen man virtuell Menschen umlegt. Dann schon lieber Baller League zum Zeitvertreib. Baller League? Das ist eine neue Variante des Fußballs, des tatsächlich körperlich gespielten, mit allen gängigen Elementen: Schweiß, Verletzungen, Tricks, Torjubel. Bewährt und vertraut – und doch anders.

Die Kurzbeschreibung: Die Baller League ist die deutsche Reaktion auf die in Spanien brummende Kings League, die Ex-Barcelona-Star und Ex-Shakira-Mann Gerard Pique erfunden hat. Cleveres Modell: Er hat einige Berühmtheiten als Paten eingespannt, unter deren Aufsicht Hobbykicker so tun dürfen, als spielten sie den ganz großen Fußball. Halt mit anderen Regeln wie Zeitstrafen oder doppelt zählenden Toren, die das IFAB, das die Leitplanken für das offizielle Spiel setzt, nie zulassen würde. Der Schlüssel zum Erfolg der Kings oder Baller League ist die mediale Verbreitung – und dank Internetplattformen, deren Ausspielungen nicht vom guten Geschmack, sondern von Algorithmen bestimmt werden, erreicht der Zweimal-15-Minuten-Kick Göngry Allstars – Hardstruck Royale bei Twitch mehr Zuschauende als ein Sky-Einzelabruf von Heidenheim – Wolfsburg.

Mats Hummels und Lukas Podolski sind die Präsidenten der Baller League, die in der Halle gespielt wird. Ob Hallenfußball die Zukunft ist, darf man allerdings schon fragen, wenn man sich daran erinnert, dass das Hallen-Masters des DFB vor über zwanzig Jahren sanft entschlafen ist, weil kein Bundesligaclub mehr seine Besten für den belanglosen Quatsch aufs Parkett stellen wollte, und im Amateurbereich die vom DFB verordnete Einführung der Spielart Futsal keine Akzeptanz findet. Fußball ist zwar etwas, das immer die Blicke anzieht, das merkt man ja an sich selbst, wenn man in München den Olympiapark durchmisst und am ehemaligen Eislaufzelt vorbeikommt, in dem nun „Socca Five“ gespielt wird. Man schaut unweigerlich auf das Kleinfeldtreiben – doch die Neugier weicht dem ernüchternden Ergebnis der Abwägung: Reicht die gebotene Qualität, um die Investition von Zeit zu rechtfertigen?

Die Baller League will den Sport vermengen mit Casting-Formaten, die man aus dem Fernsehen kennt, mit Social-Media-Influencing, mit Promi-Pathos. Doch man kann das nicht ernstnehmen, es ist so wenig ein ernsthafter Wettbewerb wie Takeshi’s Castle, Ninja Warrior, Wok-WM oder der im Giftschrank von RTL II versenkte Versuch von Lothar Matthäus, den Freizeitkickern von Borussia Banana Fußball beizubringen. Trotz allen Bauchgrimmens, das der „moderne Fußball“ hervorruft: Er ist viel zu gut, zu spannend, zu dramatisch, zu wichtig, als dass ihn Kings oder Baller League sorgen sollten. Und letztlich ist es auch nur ein Auswuchs besagten modernen Fußballs, dass seine (alternden) Protagonisten als Botschafter eines vermeintlich spaßigeren Spiels seinen Rahm abschöpfen wollen.

Guenter.Klein@ovb.net

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