TV-KRITIK
Gestern war beim Fußballschauen wieder Rudi-Carrell-Alarm: „Lass dich überraschen!“ Denn wer geglaubt hat, dass die Bundesliga unter der Woche bei DAZN kommt, hat sich getäuscht: Ätschbätsch, bei Bayern gegen Union war Sky dran. Wer da das falsche Abo hat, hat die Popokarte. Konferenz gab’s keine, nicht einmal mit Handball. Wobei das lustig gewesen wäre, andauernd: „Tor in Köln!“ –
Das Gedöns: Läuft es schlecht bei Bayern, hat Sky viel Grund zu feiern. Der Sender zelebriert genüsslich jede FCB-Krise. Michi Leopold wusste: „Die Laune in München hängt auf Halbmast.“ (Und die Fahne war auch schon besser). Spuatchef Christoph Freund sprach vül über den Domas, den Duchel, wusste aber „aa ned wirklich“, wos schief läuft. Interviewer Yannick Erkenbrecher erhob Vorwürfe gegen den Trainer: „Thomas Tuchel, Ihnen fehlte zuletzt gegen Bremen Leidenschaft, Biss, Durchsetzungsfähigkeit, Enthusiasmus.“ Wir haben erst danach kapiert, dass er gar nicht Tuchel meinte, sondern dessen Hadern mit der Mannschaft. Das ist ja längst kein Kleinhadern mehr, sondern schon ein Großhadern.
Der Experte: Michael Ballack, die akustisch schwierige Sachsen-Vuvuzela, hatte frei. Stattdessen analysierte überraschend und erstklassig Thomas Hitzlsperger. Der Domas sprach offen an, dass Tuchel Spieler wie Kimmich und Goretzka eher verunsichert: „Er macht die Jungs nicht stark in der Art, wie er über sie spricht.“ Und er staunte: „Das ist verwunderlich, dass so viele gute Spieler so viele falsche Entscheidungen in kurzer Zeit treffen.“ Aber dieses Bayer ist wirklich impertinent und nervt von allen Seiten: „Die Bayern haben Leverkusen im Nacken bzw. vor sich.“
Die Kommentatoren: Kai Dittmann war zunächst personell verwirrt. Er erspähte Union-Reservist Chris Bedia im Union-Anorak und kommentierte: „Alphonso Davies auf der Bank.“ Später sah er ein: „Ich hab meinen Besserwisser-Abend.“ Thomas Hitzlsperger kämpfte zu Beginn mit der Technik und fragte hörbar nach: „Soll ich noch was sagen?“ Na klar, unbedingt! Sein Spruch des Abends beim Blick auf die Bayern und deren Bank: „Bayern spielt so, wie Thomas Müller schaut.“ Dann aber doch die Erlösung mit dem 1:0: „Ich hab mich gefragt, lag es am Pausentee oder an der Ansprache von Thomas Tuchel?“
JÖRG HEINRICH