Melbourne – Mit einer beeindruckenden Gala hat Alexander Zverev Wimbledon-Champion Carlos Alcaraz entzaubert und bei den Australian Open zum zweiten Mal in seiner Karriere das Halbfinale erreicht. Der Olympiasieger gewann am Mittwoch in Melbourne gegen den spanischen Weltranglisten-Zweiten klar mit 6:1, 6:3, 6:7 (2:7), 6:4 und zeigte dabei eine fast fehlerlose Vorstellung. Nach 3:06 Stunden verwandelte der 26-Jährige seinen ersten Matchball und riss danach jubelnd die Arme in die Höhe.
„Ich habe gegen einen der besten Spieler der Welt gespielt. Wenn du so kurz vor dem Sieg stehst, fängst du an zu denken. Ich denke, das ist menschlich“, sagte Zverev nach der hochklassigen Partie und meinte damit auch den dritten Satz, als er beim Stand von 5:3 bereits zum Matchgewinn aufschlug.
„Ich habe einiges an Blut unter den Fußnägeln. Aber ich habe lieber ein paar Schmerzen und stehe hier im Halbfinale, als dass ich schmerzfrei zu Hause auf dem Sofa sitze“, so Zverev. Tennis-Legende Boris Becker war begeistert. „Das war eine sagenhafte Leistung. Er hat auch die Nerven behalten“, sagte der TV-Experte von Eurosport.
Im Halbfinale am Freitag bekommt es Zverev mit seinem Erzrivalen Daniil Medwedew zu tun. Der Russe hatte zuvor in seinem Viertelfinale den Polen Hubert Hurkacz mit 7:6 (7:4), 2:6, 6:3, 5:7, 6:4 niedergerungen und damit zum dritten Mal in Melbourne das Halbfinale erreicht. 2021 und 2022 stand er am Yarra River sogar im Finale, musste sich aber erst Novak Djokovic (Serbien) und dann Rafael Nadal (Spanien) geschlagen geben. Im anderen Halbfinale treffen Titelverteidiger Djokovic und der Südtiroler Jannik Sinner aufeinander.
Zverev startete in der voll besetzten Rod Laver Arena furios. Der gebürtige Hamburger wirkte anders als in den Runden zuvor von Beginn an hoch konzentriert und beeindruckte Alcaraz mit druckvollen Grundschlägen und einem starken Service. Zverev gelang ein frühes Break, nach nur 29 Minuten holte er sich den ersten Satz mit einem Ass. Es war bei Weitem die beste Leistung der deutschen Nummer eins in diesem Turnier und seit vielen Monaten.
An den bislang letzten Vergleich mit Alcaraz bei einem Grand-Slam-Turnier hatte Zverev keine guten Erinnerungen gehabt. Im Viertelfinale der US Open hatte er im September klar in drei Sätzen verloren und war dabei chancenlos gewesen.
„Ich fühle mich nicht wie bei den US Open, als ich komplett tot war. Da war ich physisch am Ende“, hatte Zverev vor der Partie gesagt – auch im zweiten Satz er sein hohes Niveau hielt. Zwar steigerte sich Alcaraz trotz der Fehler, die er weiterhin produzierte nun, doch Zverev hielt dagegen. Als er beim Stand von 5:3 zum Matchgewinn aufschlug, zeigte er dann plötzlich Nerven. Alcaraz schaffte das Break, nun war der Spanier auf einmal voll da und holte sich den dritten Satz im Tiebreak. Doch Zverev fightete zurück und stemmte sich mit beeindruckender Energie gegen die Wende. Im vierten Satz war Alcaraz einige Male nahe am Break, doch Zverev hielt dagegen – und gewann verdient. sid