Als Thomas Tuchel Freitagmittag das Pressestüberl an der Säbener Straße betrat, war die Nachricht vom Liverpool-Rücktritt von Teammanager Jürgen Klopp erst einige Minuten alt. Als er auf die Hammer-Meldung angesprochen wurde, wirkte der Trainer des FC Bayern sichtlich und spürbar mitgenommen und sagte: „Kloppo ist einer der aller-, aller-, allerbesten Trainer der Welt. Er hat es immer geschafft, den ganzen Verein bei all seinen Stationen auf unglaubliche Art und Weise zu beeinflussen. Mainz, Dortmund und jetzt Liverpool. Das ist eine Einheit.“
Wer den charismatischen Fußballlehrer einmal (abseits von Fußballplätzen und Pressekonferenzen) erleben durfte, weiß, wovon Tuchel spricht. Klopp lässt es menscheln wie kein anderer Fußballlehrer auf Topniveau. Ich spreche aus Erfahrung. Vergangenen Sommer fand ein Testspiel zwischen Bayern und Liverpool in Singapur statt. Am Vorabend besuchten wir im kleinen Kollegenkreis die Lantern Bar im Fullerton Bay Hotel. Nach einiger Zeit bemerkten wir, dass Kloppo ebenfalls anwesend war. Er hatte seinen Staff zum Teamabend geladen. Es dauerte nicht lange, bis sich Co-Trainer Peter Krawietz gemeinsam mit Ernährungswissenschaftlerin Mona Nemmer mit einem Bier zu uns gesellten. Und plötzlich stand auch Klopp an der Bar. „Servus, ich bin der Jürgen“, stellte er sich vor, grinste dabei in typischer Kloppo-Manier und stieg in die nächste Runde Heineken mit ein. Das Eis war schon zu diesem Zeitpunkt gebrochen.
In der nächsten Stunde hauten er und Krawietz sich ihre Lieblings(flach)witze um die Ohren, imitierten Ruhrpott-Komiker Markus Krebs und freuten sich über meinen oberbaierischen Dialekt. Natürlich wurde auch über Fußball gesprochen und diskutiert. Themen: Tuchel, Ryan Gravenberch, Sadio Mané und Hasan Salihamidzic. Viele seiner Trainer-Kollegen hätten in einer ähnlichen Situation aus Höflichkeit „Grüß Gott“ gesagt und anschließend einen großen Bogen um die Reporter-Runde gemacht. Doch Kloppo hat Lust auf Menschen – und unterscheidet dabei nicht zwischen Spielern, Fans oder Journalisten. Seine menschliche Größe hat Klopp zu einem der größten deutschen Trainer aller Zeiten gemacht. Die Fußstapfen, die er in Liverpool hinterlässt, werden für seinen unmittelbaren Nachfolger zu groß sein – egal, wer kommt .
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