München – Fünf Punkte aus drei Spielen – die Startbilanz von Argirios Giannikis beim TSV 1860 kann sich sehen lassen. Gegen Sandhausen, zum Abschluss der Englischen Woche, sah es am Sonntag lange so aus, als würde die Miniserie reißen, doch wie bereits in Lübeck sorgte der neue Coach mit seinen Einwechslungen für neuen Schwung. Leroy Kwadwo glich per Kopf die Führung des Zweitliga-Absteigers aus, der bis zur 60. Minute wie der sichere Sieger ausgesehen hatte. „Aufgrund der zweiten Halbzeit geht der Punkt in Ordnung“, sagte 1:1-Schütze Kwadwo: „Da haben wir Gas geben, wollten das Spiel unbedingt drehen.“ Giannikis, der anders als Vorgänger Maurizio Jacobacci ein glückliches Händchen beim In-Game-Coaching hat, erklärte: „Durch die Umstellungen haben wir sehr viele Chancen gehabt. In der Summe war das 1:1 leistungsgerecht.“
Sportlicher Frust oder politischer Verdruss? Erstmals in dieser Saison war das Grünwalder Stadion am Spieltag nicht ausverkauft. Durch das Ergebnis von Halle (1:4 gegen Waldhof) hatte sich für 1860 die Lage im Abstiegskampf verschärft – dazu kam die unwürdige Schlammschlacht um den vom Verwaltungsrat zum Abschuss freigegebenen Vizepräsidenten Hans Sitzberger. Weil zudem Sandhausen nur wenige Fans mitbrachte, wurden jede Menge Tickets für die Ostkurve frei, die Hauptsponsor „Die Bayerische“ kurzfristig aufkaufte und zum Nulltarif verteilte.
Auch Ex-Löwe Michael Köllner hatte sich ein Ticket besorgt – für die VIP-Tribüne, auf der er wie Sitzberger in großem Abstand zu Präsident Robert Reisinger Platz nahm. Mit Ingolstadt hatte Köllner am Vortag einen wichtigen Dreier geholt – in zehn Tagen ist er mit dem FCI in Giesing zu Gast. Zu sehen bekam er gestern beide 1860-Gesichter: erst das müde von Lübeck (1:1) – und in der letzten halben Stunde das mitreißende des Duisburg-Spiels (4:1).
Zwei, die Köllner noch bestens kennt, sahen nicht gut aus, als Sandhausen nach beherztem Start der Löwen in Führung ging. Fabian Greilinger, erstmals unter Giannikis aufgeboten, stand weit entfernt, als Luca-Milan Zander eine Maßflanke in die Mitte zirkelte. Jesper Verlaat ließ Richard Meier in seinem Rücken entwischen. Nach 20 Minuten stand es 0:1 für die Gäste, was in Ordnung ging. Im für 1860 ungünstigsten Fall hätte es zur Pause 0:2 stehen können: Eroll Zejnullahu, auch er erstmals unter Giannikis aufgeboten, holte Weik von den Beinen (45.). „Für mich war’s ein klarer Elfmeter“, sagte SVS-Trainer Jens Keller, ein 90er-Jahre-Held der Löwen. Glück für die Generation 2024 auf dem Platz.
Während die 1860-Profis erst danach aufwachten, war auf den Rängen früh zu sehen, wie die Causa Sitzberger das Fanvolk spaltet. Auf einem Plakat in der Westkurve stand: „Wer Brücken Richtung Feinde baut, hat sich sein Denkmal selbst zerstört.“ Mit Feinden waren wohlgemerkt die Investorenvertreter um Hasan Ismaik gemeint. Eine Gegenkundgebung gab es auf der Haupttribüne. „Verwaltungsrat raus“, hatte ein Fan auf ein Pappschild gepinselt – und auf die Rückseite: „Danke, Hans Sitzberger.“ Der angezählte Vize bedankte sich zur Pause artig, woraufhin sich ein kleiner Pulk bildete und skandierte: „Reisinger raus!“
Wie eine Mannschaft, die sich mit allen Mitteln gegen den Abstieg stemmt, wirkte 1860 erst nach dem Dreifachwechsel in der 61. Minute, dem ein Abseitstreffer von Morris Schröter folgte – und nach einem Guttau-Eckball Kwadwos 1:1 (67.), das zählte. Schlusskommentar des Löwen-Retters: „Wir haben 2024 in jedem Spiel getroffen, immer gepunktet – so kann es weitergehen.“