München – Als Argirios Giannikis nach einer Stunde Spielzeit drei frische Kräfte auf den Rasen schickte, ging ein Ruck durchs Stadion. In den nächsten zehn Minuten rief das zuvor träge Löwen-Team Tugenden ab, die das am Sonntag lange zurückhaltende Fanvolk mitrissen: Spielfreude, Kampfgeist, Tordrang und Moral. „Es war klar, dass noch einiges geht, wenn wir frische Jungs bringen“, sagte Julian Guttau in Richtung des belebenden Joker-Trios Michi Glück, Manni Starke und Mansour Ouro-Tagba: „Im Endeffekt belohnen wir uns dann. Am Ende war das 1:1 fast ein bisschen ärgerlich.“
Dass die Löwen wieder runterschalteten, kaum dass der Ausgleich gegen Sandhausen geschafft war, steht auf einem anderen Papier. Unter dem Strich hielt jedoch die unter Giannikis gestartete Miniserie von einem Sieg und zwei Remis – fünf Punkte für neue Löwen-Zuversicht.
Ende der Torflaute
Erinnert sich noch jemand an die Keintorlöwen? So wurde das 1860-Team verspottet, als es in fünf Pflichtspielen zwischen dem 11. November (3:2 in Saarbrücken ) und dem 20. Januar (4:1 gegen Duisburg) lange wie selten zuvor trefferlos geblieben war. Die Offensivkrise kostete Maurizio Jacobacci den Job, wurde von U 21-Coach Frank Schmöller angepackt (erste Tore beim 4:1-Testspielsieg gegen Tirol) – und nun von Giannikis taktisch bearbeitet. Sechs Tore in den Spielen gegen Duisburg, Lübeck und Sandhausen (jeweils 1:1) – darauf lässt sich aufbauen. Guttau findet wie Morris Schröter Gefallen am neuen Spielstil mit Schwung über die Flügel und ihm selbst als Halbraum-Stürmer hinter Lakenmacher.
Comeback-Qualitäten
Für viele Gegner waren die Löwen in der Hinrunde ein dankbares Opfer. Drei Spiele verlor 1860 nach eigener 1:0-Führung (Lübeck, Aue, Ingolstadt) – und wenn das Team in Rückstand geriet, war ohnehin der Ofen aus (elf Niederlagen). Dass die Löwen am Sonntag einen 0:1-Rückstand zumindest ausglichen, ist ein kleiner Mutmacher – ebenso das gute Joker-Händchen von Giannikis. Dass er zähe Spiele mit Einwechslungen beleben kann (siehe Lübeck, siehe Sandhausen), unterscheidet ihn von Vorgänger Jacobacci.
Stabil zur Serienreife
4:1 zum Start, 1:1 nach Führung, 1:1 nach Rückstand. Jedes Spiel unter Giannikis verlief anders, auch die passiven Phasen sind noch deutlich zu lang, doch unter dem Strich stehen fünf Punkte aus drei Spielen – was jetzt schon der längsten Ungeschlagen-Serie entspricht, mit der 1860 in der Hinrunde aufwartete (Dresden 0:0, Münster 1:1, Freiburg 2:0). Wie stabil die Giannikis-Löwen wirklich sind, wird sich in der nächsten Englischen Woche zeigen. Auf dem Programm stehen die Duelle mit den Ex-Löwen Marcel Bär (Samstag in Aue) und Michael Köllner (Ingolstadt, 11. Februar) – und am Dienstag das Nachholspiel gegen Essen (19 Uhr). „Wir wollen das Team stabilisieren und kontinuierlich punkten“, so Giannikis.
Fokus auf den Sport
Meist umarmter Löwe nach dem Sandhausen-Spiel am Sonntag: Vizepräsident Hans Sitzberger, vom Verwaltungsrat nach Indiskretions-Vorwürfen zur Abwahl freigegeben. Das Fanlager ist gespalten in der Frage, wem der Schwarze Peter gebührt – der Mannschaft scheint die dadurch entstehende Unruhe wenig auszumachen.
Kader komplett?
Giannikis hat den Spiele-Dreierpack der Englischen Woche genutzt, um sich einen Überblick über seinen Kader zu verschaffen. Mit Ausnahme von Tarnat, Kurt und dem verletzten Zwarts kamen alle Profis zum Einsatz. Angesichts der Verlaat-Sperre in Aue könnte sich die Lang-Leihe rächen – und trotz der sechs Tore in drei Spielen will 1860 vorne noch was machen. Sportchef Christian Werner sagte am Sonntag: „Grundsätzlich vertrauen wir unserer Mannschaft. Wir haben auch einen hervorragenden Trainer, der noch mal die Potenziale rauskitzeln wird. Natürlich schauen wir, ob wir punktuell noch einen Schuss setzen können, aber nur wenn alles ganz genau passt.“