Köln – Nikola Karabatic war einer der letzten. Noch weit nach dem Ende des Final-Thrillers gegen Dänemark, seinem letzten Akt auf der großen EM-Bühne, turnte der König von Köln über das Spielfeld der Lanxess Arena. Karabatic schrieb Autogramme, knipste Selfies und genoss die goldenen Momente nach dem Triumph mit seinen Franzosen wie kein Zweiter.
„In meiner letzten Saison, mit fast 40 Jahren, noch einmal Europameister zu werden, konnte ich mir nicht vorstellen. Es ist so unwirklich. Ich realisiere es noch nicht, ich fühle mich wie auf einer kleinen Wolke“, sagte Karabatic. Ausgerechnet in Deutschland, seiner früheren Heimat, dankte der ehemalige Kieler ab. „Es ist einfach magisch. Wenn man ein Spitzensportler ist, träumt man davon, Momente wie diese zu erleben.“
Karabatic hat von diesen Momenten in seiner langen Karriere schon einige erlebt. Und doch hatte die Nacht nach seinem vierten EM-Titel, dem Gewinn seiner elften (!) großen Trophäe mit der Nationalmannschaft, auch für ihn etwas ganz Besonderes. Das an Dramatik kaum zu überbietende Endspiel am Sonntag (33:31 nach Verlängerung) – es war der perfekte Abgang von der EM-Bühne.
„So einen Last Dance wünsche ich mir auch zum Ende meiner Karriere“, sagte Teamkollege Kentin Mahe und bezeichnete Karabatic als „absolutes Vorbild. Wenn wir sehen, wie der sich reinhaut.“ Es sei eine „absolute Ehre“, mit ihm zusammen zu spielen.
Reingehauen hat sich Karabatic auch bei der EM wieder. Natürlich hätte er sich als alternde Handball-Legende auch auf die Bank setzen und in zweiter Reihe eine ruhige Kugel schieben können. Doch das wäre kein Karabatic. Der 39-Jährige stand meist in der Startformation von „Les Experts“, scheute in der Abwehr keinen Zweikampf und avancierte vorn auf der Zielgeraden seiner Karriere ganz nebenbei noch zum EM-Rekordschützen.
„Es ist ein Glück, hier zu sein“, sagte Karabatic, ehe er sich ein Kölsch schnappte: „Das Wissen, dass dies meine letzte EM ist und dass es nach der Saison nichts mehr geben wird, macht all diese Momente kostbar.“
Er erweiterte mit dem Triumph am Sonntag in seinem 80. (!) und zugleich letztem EM-Spiel seine wahnwitzige Titelsammlung auf: vier EM-Titel, viermal WM-Gold und drei Olympiasiege. Von den drei Champions-League-Siegen auf Vereinsebene ganz zu schweigen. Im Sommer peilt er bei Olympia im eigenen Land ein goldenes Ende seiner Karriere an, sein letztes großes Ziel mit der Nationalmannschaft.
In Köln erlebte Karabatic seine elfte Europameisterschaft. Er war schon dabei, als Volker Zerbe, Daniel Stephan und Christian Schwarzer für Deutschland 2004 den Titel holten. Vor allem war er aber 2006, 2010, 2014 und jetzt 2024 in vier Endspielen dabei. Endspiele, die er alle gewann.
„Jetzt habe ich nur noch einen Wunsch“, sagte Karabatic, als er völlig erschöpft, aber selig lächelnd die Katakomben erreichte: „In die Kabine zu gehen, meine Teamkollegen zu treffen, mit ihnen ein Bier zu trinken, zu singen und diesen Moment zu genießen, denn wir haben ihn verdient.“ Bei Nikola Karabatic besteht daran kein Zweifel. sid