München – Saudi-Arabien spaltet weiter die Gemüter, denn einig sind sich die Fußballbosse in der Beurteilung der Transferoffensive des Wüstenstaats keineswegs. „Dort wird mit ganz viel Geld versucht, etwas ins Land zu holen, von dem ich persönlich überzeugt bin, dass es keine breite Fanschaft finden wird“, sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen (56) jüngst bei seinem Fanclub-Besuch.
Deutschlands oberster Fußballchef ist ganz anderer Meinung. Im Gegensatz zu Katar sehe eher Saudi-Arabien als „echtes Fußballland“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf (62) der Neuen Westfälischen. Es herrsche dort große Begeisterung und es gehe keineswegs „nur um die Verpflichtung teurer Stars“. In der Tat gibt es wenige große Clubs, die Zuschauer anlocken, oft besuchen aber auch nur wenige Hunderte die Spiele der heimischen Liga. Das haben mittlerweile auch die Topspieler, die sich anlocken ließen, erkannt – und fliehen nun reihenweise wieder.
„Nur der Mammon sollte nicht Grund sein, in einem Land Fußball zu spielen“, sagte Dreesen, der im großen Invest wenig Nachhaltigkeit erkennen kann. „Wenn man mit unglaublich viel Geld versucht, etwas aus dem Boden zu stampfen, was keine gewachsene Tradition hat, und das in einer Geschwindigkeit, die keine Tradition bilden kann, ist das nicht gesund.“ Der FCB-Boss vermutet, dass bald ähnlich wenig über die Saudis gesprochen wird, wie mittlerweile über China, die vor einigen Jahren einen ähnlich weg einschlugen.
UEFA-Präsident Aleksander Ceferin (56) sieht trotz der schier unerschöpflichen Finanzmacht keine Gefahr für den europäischen Fußball. „Nein, nein. Warum sollten wir Angst haben?“, sagte der Slowene auf der SPOBIS Conference in Hamburg: „Ich denke, sie wollen eine Macht im Fußball werden. Aber meine persönliche Meinung ist, dass ihr Ansatz falsch ist.“
Wenn man einfach nur Spieler kaufe, „die hauptsächlich nicht mehr in Europa spielen können, zahlt man zu viel Geld“, sagte Ceferin: „Entwickelt man junge Spieler? Das glaube ich nicht. In China war es, glaube ich, ähnlich. Und es ist nicht sehr gut ausgegangen.“ Die Fans in Europa folgten ihrem „Verein oder ihrer Nationalmannschaft oder beiden, und sie verfolgen den Wettbewerb“, sagte Ceferin: Aber „sie folgen dem Spieler nicht bis zum Mond. Der Fußball gehört – Gott sei Dank – zu den Dingen, die man nicht kaufen kann.“ Ob der 56-Jährige damit Recht hat, sei bei den vielen Bestechungsskandalen der vergangenen Jahre dahingestellt.
Zuletzt hatten bereits die spanische und die italienische Liga ihre Supercup-Finals in dem Land ausgetragen. Ein Champions-League-Finale in Saudi-Arabien wird es unter Ceferin aber nicht geben. „Nicht in meiner Amtszeit“, versicherte er und ergänzte „Aber ich bin nicht ewig da.“ Auch bei diesem Satz muss man schmunzeln, plant Ceferin doch in einer Woche beim UEFA-Kongress in Paris (8. Februar) extra eine Statutenänderung, um weitere vier Jahre im Amt bleiben zu können. hlr, mm