Bayerns Wintertransfers

Am Ende nicht entscheidend

von Redaktion

HANNA RAIF

Die Liste der potenziellen Kandidaten war beim FC Bayern auch im Winter wieder lang. Gedankenspiele um einen Transfer von Joao Palhinha wurden schnell beendet, es hielten sich Namen wie Radu Dragusin, Nordi Mukiele und Kieran Trippier. Am Ende, also gestern Abend, als das intern aus gutem Grund nicht allzu geschätzte Wintertransferfenster um 18 Uhr schloss, einte all diese Spieler, ein „Fast-Bayer“ gewesen zu sein. Die Hürde in den Kader haben sie – anders als Eric Dier, Sacha Boey und Bryan Zaragoza – nicht genommen; ihre Namen wird man in München nicht lange erinnern. Weil sich das Rad in dieser Branche immer weiterdreht, verbunden mit der Frage, ob die Bayern die rund 35 Millionen Euro im Winter richtig angelegt haben, um die hochgesteckten Ziele – Henkelpott, Meisterschale – zu erreichen.

Die dringende Aufgabe der Bosse war es, ihre Truppe in der Breite zu verstärken – da sind drei Mann mehr auf dem Trainingsplatz ein guter Arbeitsnachweis. Darüber, ob es die drei richtigen sind, kann Stand heute nur spekuliert werden. Dier hat in Augsburg einen guten Einstand gegeben, wird aber brauchen, um an beste Zeiten in England anknüpfen zu können; über Boey sagt man bei seinem Ex-Verein Galatasaray, er werde die Bundesliga schwindelig spielen; Zaragoza ist eine gute Ergänzung und ein Invest in die Zukunft. Nach wie vor aber fehlt Tuchel einiges, das er für seinen Fußball gerne hätte. Die „holding six“ hat man noch im Ohr, vielmehr aber geht es dem Coach um Typen, die vorweggehen. Führungsspieler, Häuptlinge – wie Kyle Walker und Declan Rice, die er sich im Sommer gewünscht hatte.

Das Stichwort „Hierarchie“ ist in diesem Sport ein großes. Zu groß, um es in 31 Tagen zwischen Januar und Februar zu verändern oder gar neu herzustellen. Und so sollte man den Kader der Bayern auch nicht neu bewerten, nur weil er ab sofort ein paar Optionen mehr bietet. Er ist auf dem Papier nun groß genug, er wirkt ausgewogener als in manch anderer der zurückliegenden Spielzeiten. Und trotzdem entscheidet über Wohl und Wehe in der anstehenden heißen Saisonphase so viel mehr als spielerische Klasse. Die Frage, die sich stellt, ist nicht jene nach der fußballerischen Qualität, sondern eine andere: Schafft es Tuchel, alle hinter sich zu bekommen?

Der Einfluss dieser Antwort geht über die Titeljagd hinaus. Sie betrifft die Länge der Liste in der nächsten Transferperiode – und auch den Trainer selbst.

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