Abgezockte Löwen verschaffen sich Luft

von Redaktion

Reifer Auftritt bei 2:0-Heimsieg gegen Essen – Lakenmacher und Guttau mit Traumtoren

VON ULI KELLNER

München – Turbulenzen im Präsidium, vier neue Spieler, ein neuer Finanzchef – und zwischendurch jede Menge interner Ärger. Wo sich andere Vereine erst mal schütteln müssten, geht es bei 1860 weiter, als wäre nichts geschehen. Auch Marc-Nicolai Pfeifer, am Freitag vor dem 0:0 in Aue entlassen, tauchte am Dienstagabend wie selbstverständlich im Grünwalder Stadion auf. Er erntete dort einigen Zuspruch – und wurde Augenzeuge eines Löwen-Auftritts, der so reif wirkte, als hätte es nie Abstiegsangst gegeben rund um den Giesinger Streitverein.

Im Traditionsduell mit Rot-Weiss Essen setzten sich die Löwen verdient mit 2:0 (1:0) durch. Fynn Lakenmacher (33.) und Julian Guttau (47.) erzielten Traumtore, die dem Team des weiter ungeschlagenen Argirios Giannikis ein Fünf-Punkte-Polster auf den Tabellen-17. Mannheim bescheren. „Wir verteidigen gemeinsam, wir greifen zusammen an – jeder stellt sich in den Dienst der Mannschaft“, sagte der frühere Coach von RWE. „Ich glaube, wir hatten einen guten Plan, haben ihn gut umgesetzt und waren vorne eiskalt“, freute sich Torschütze Lakenmacher.

Der deutsche Meister von 1966 gegen den von 1955, das Ganze unter Flutlicht und in einem Stadion, das es damals schon gegeben hat. Nostalgie pur strahlte diese Paarung aus, doch aktuell ist 3. Liga angesagt – für 1860 wohl noch etwas länger. Rot-Weiss Essen dagegen hat sich dank Dresdens Schwäche und eigener Beharrlichkeit eine Aufstiegschance erarbeitet.

Entsprechend abwartend begannen die Löwen, wobei einer immer wieder für ein Raunen auf der Tribüne sorgte: Abdenego Nankishi, von Giannikis als einziger der vier Neulöwen in der Startelf aufgeboten. Atemberaubend das Tempo und die Technik der Werder-Leihgabe. Vom Potenzial her sicher einer der besten Spieler auf dem Feld – und was den 1860-Coach besonders freuen dürfte: Der Deutsch-Angolaner ist auch willig, die mühsamen Defensivlaufwege mitzumachen.

Das Eis brach dann aber eine andere Offensivkraft der Löwen. Lakenmacher, immer bemüht, selten effektiv, sah nach einer guten halben Stunde, wie Voufacks Rückpass abgefälscht in seine Laufrichtung prallte. Der Sturmhüne zog einen Sprint an, an Rios Alonso vorbei – und als er nur noch Golz-Vertreter Felix Wienand vor sich hatte, schob er die Kugel cool mit dem linken Schlappen ins Netz. Ein Treffer, der zeigte: Wenn man dem oft kritisierten Modellathleten Vertrauen schenkt, zahlt „Lake“ auch zurück – zumindest in Heimspielen, wo er alle seiner nun insgesamt 13 Tore für 1860 erzielt hat.

Mit 1:0 ging’s in die Pause – und kaum zurück auf dem Platz, stand’s auch schon 2:0. Die Löwen waren gierig aus der Kabine gekommen, gingen drauf, als der unsichere Wienand hinten rausspielte. Nankishi presste, Frey schob die Kugel zu Guttau, der aus 14 Metern Maß nahm. Rein in den Winkel mit dem starken linken Fuß. Ein Tor, das vom gewachsenen Selbstvertrauen der Löwen zeugt.

Essen antwortete mit einem Vierfachwechsel (61.), doch weiter ohne Ideen. Die Löwen hatten wenig Mühe, die Partie zu kontrollieren, wirkten abgezockt wie lange nicht. Nankishi und der gestern blasse Schröter hatten vorzeitig Feierabend (68.). In Ouro-Tagba und Vrenezi brachte Giannikis frische Flügelspieler, doch der große Schwung war jetzt raus aus dem Traditionsduell. Es blieb beim 2:0-Sieg der Löwen, für die es im Rastlos-Modus weitergeht. Am Sonntag kommt Ingolstadt (16.30 Uhr) mit dem Ex-Löwen Michael Köllner, der gestern vor Ort war – und gestaunt haben dürfte.

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