München – Ist das jetzt die richtige deutsche Eishockey-Nationalmannschaft? Nun, vielleicht würden ein, zwei, drei Spieler in den finalen Kader für eine Weltmeisterschaft schlüpfen. Doch die Vorbereitung auf die nächste WM im Mai in Tschechien ist noch viel zu weit entfernt, als dass es schon konkrete personelle Planungen für das Turnier gäbe. Das ist in dieser Sportart mit ihren Nominierungs.Dynamiken durch Playoff-Verläufe in DEL und nordamerikanischer NHL und durch Verletzungen nicht möglich und nicht angesagt. Aber ja, offiziell sind es Länderspiele, die am Mittwoch und Donnerstag jeweils um 18 Uhr (MagentaSport ohne Bezahlschranke) in Zvolen gegen die Slowakei stattfinden. Bestritten werden sie von einer Mannschaft, die der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) „Männer-Perspektivteam“ nennt. Seit einigen Jahren wird die Ligapause im Februar dazu genützt, jüngere Cracks an internationale Aufgaben heranzuführen. Die Altersgrenze beträgt 25 Jahre.
Zu denen, die sich künftig Nationalspieler nennen dürfen, zählt auch Veit Oswald. der mit 19 der Jüngste sein wird – und dem man in München gerade beim Besserwerden zuschauen kann. Rasant geht es bei ihm voran: Vor zwei Jahren mischte er für seinen Heimatverein EV Landshut noch die Deutsche Nachwuchs Liga (DNL) auf und spielte bei der U 18-WM, die Saison 2022/23 teilte er auf zwischen EHC Red Bull München und dem Kooperationspartner SC Riessersee in der Oberliga, nun ist er vollwertiger DEL-Spieler, gelegentlich schon Leistungsträger und grundsätzlich der Augenstern des Publikums, das seine Begeisterung spürt. „Ich war richtig glücklich“, sagte er vergangenen Donnerstag nach dem 6:4-Sieg über Straubing, an dem er mit zwei Torvorlagen beteiligt war. Achtmal hat er selbst getroffen, neulich fuhr er an der Bande entlang ein Solo „coast to coast“, er war einfach so schnell, dass ihn keiner zu fassen kriegte.
Über den Jahreswechsel war Oswald bei der U 20-WM in Schweden – und bester Scorer der deutschen Junioren, die den Klassenerhalt schafften. Der Erfahrungswert lag für ihn darin, „dass ich der ältere Jahrgang war und mit gutem Beispiel vorangehen musste“. Eine Ergänzung zum Verein in der DEL, denn: „Das lernt man hier spät, normal orientiert man sich an den älteren Spielern. Bei der U 20-WM war es andersherum.“ Und die viele Eiszeit, die er bekam – „gut für die Kondition“. Scouts von NHL-Teams melden sich nun „immer mal wieder“. Wird Veit Oswald also mit Verspätung in den Draft gespült? Er sagt ausweichend, er mache sich keine Gedanken, „weil ich mich in München wohlfühle und vorhabe, hier zu spielen“.
Mit Nikolaus Heigl (20) ist ein weiterer junger Münchner in der Perspektiv-Nationalmannschaft dabei, obwohl ihm noch kein DEL-Tor gelungen ist. Filip Varejcka wäre der dritte Münchner gewesen. Der 23-Jährige wurde voriges Jahr Vizeweltmeister, die Playoffs mit dem EHC trugen ihn zur WM, er war das Beispiel für die Durchlässigkeit nach oben – für diese Woche musste er, da erkrankt, absagen.
Doch Bundestrainer Harold Kreis hatte keine Mühe, ein Team zusammenstellen aus Spielern, die in der DEL Stammkräfte sind. Der NHL-gedraftete Tobias Ancicka (22) ist bei den Kölner Haien als Torwart zum Rückhalt geworden, Korbinian Geibel (21) gibt bei Spitzenreiter Eisbären Berlin den furchtlosen Abwehrschrank, Danjo Leonhardt (21), ein ehemaliger Red-Bull-Akademie-Zögling, scort bei den Nürnberg Ice Tigers in jedem zweiten Spiel, Taro Jentzsch (23) ist Bestandteil der Iserlohner Aufholjagd, Luis Schinko (23) Stammkraft in Wolfsburg.
Die Karriere-Startchancen in der DEL haben sich durch die U 23-Regelung verbessert. Die Liga schreibt den Einsatz von drei Feldspielern der jüngeren Jahrgänge vor, anderenfalls müssen Stellen in den Spieltagskadern unbesetzt bleiben. Ein Freund dieser Regelung ist der Münchner Sportchef Christian Winkler. Er räumt im DEB-Podcast „Coach the Coach“ ein, dass es sich mit der Salzburger Akademie im Rücken zwar leichter rede, doch gibt sich überzeugt: „50 Prozent unserer Silber-Nationalmannschaft würden ohne diese Regel nicht in der DEL spielen.“
Die Spielervereinigung Eishockey (SVE), der Moritz Müller (37), Kapitän der Nationalmannschaft, und der in den Spielerruhestand gewechselte Patrick Reimer (41) vorstehen, teilt diese positive Einschätzung nicht. Die „Spielergewerkschaft“ legte im Dezember 2022 eine Studie vor, in der sie den Erfolg der U 23-Regelung „zweifelhaft“ nannte: Die durchschnittliche Einsatzzeit von 9:19 Minuten sei zu gering für nachhaltiges Lernen, die Hälfte der zunächst geschützten Spieler würde mit 24 aus der DEL verschwinden. 87 Prozent der SVE-Mitgliedschaft sprachen sich bei einer internen Umfrage gegen die Regel aus.
Die Studie gilt jedoch als wenig sattelfest, und bei einem Treffen zwischen Liga und Spielervereinigung bekam Moritz Müller, wie unsere Zeitung erfuhr, von DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke lachend vorgehalten: „Mo, wir wissen doch, dass es vor allem um die Verlängerung deiner Karriere geht.“
Diese Woche steht nun die Leistungsfähigkeit der nächsten Generation auf dem Prüfstand. Sie vertritt ein Land, das aktuell Vizeweltmeister ist. Ansporn genug.