Tuchels Abwehr-Roulette

von Redaktion

Gegen Leverkusen wird Bayerns Hintermannschaft zum 14. Mal umgestellt

VON HANNA RAIF UND PHILIPP KESSLER

München – Die gute Nachricht kam gestern per Flugzeug. Gegen Mittag landete die Maschine, die Minjae Kim aus Katar zurück nach München brachte, im Gepäck: das bittere Halbfinal-Aus mit Südkorea, aber auch jede Menge Tatendrang für seine ersten Einsätze des Jahres 2024 im Trikot des FC Bayern. Von den elf Abwehrspielern im Kader hat Thomas Tuchel also nun, wo die unmittelbare Vorbereitung auf den Showdown am Samstag bei Bayer Leverkusen startet, immerhin sieben zur Verfügung. Es gab schon schlimmere Zeiten in dieser Saison, ohne Frage. Und trotzdem darf man davon ausgehen, dass der Coach im 29. Spiel der laufenden Spielzeit die 14. Abwehrformation aufs Feld schicken wird. Denn irgendwas ist in dieser Abwehr ja immer.

Akut gilt es für das Topspiel am Samstag, den Ausfall von Alphonso Davies zu kompensieren. Zwei bis vier Wochen fehlt der Kanadier mit einer Innenbandzerrung im Knie – und auch wenn er zuletzt nicht immer Top-Leistungen brachte, trifft die Verletzung die Bayern hart. Denn Davies, 24 Einsätze, war bislang so etwas wie die einzig echte Konstante in der hintersten Reihe des Rekordmeisters. Während um den 23-Jährigen rotiert und rotiert wurde, hatte Davies den Platz links hinten fast immer sicher. Lediglich jeweils ein Mal durften Bouna Sarr (fehlt jetzt mit Kreuzbandriss), Noussair Mazraoui und zuletzt Raphael Guerreiro ran, der gegen Leverkusen eine gute Option sein dürfte. Schon beim 3:1 gegen Mönchengladbach übernahm der Portugiese, als Davies verletzt vom Platz musste.

Guerreiro ist Tuchels Allzweckwaffe. Tuchel vertraut dem Mann, den er schon in Dortmund immens schätzte, und er traut ihm auch zu, die Leverkusener Angriffswelle abzuschwächen. Er wird die Aufgabe wohl im Verbund mit Matthijs de Ligt und Kim angehen, der Neuzugang Eric Dier aus der Startelf verdrängen könnte. Auch Dayot Upamecano ist zurück im Teamtraining, wird aber noch ein paar Tage brauchen. Für die Position rechts hinten hofft Tuchel, dass Noussair Mazraoui, dem man die Reha- und Afrika-Cup-Strapazen seiner Reha gegen Gladbach ansah, wieder ganz bei Kräften ist. Sollte Mazraoui doch links spielen sollen, stünde auch Sacha Boey bereit. Für den Neuzugang wäre es das Startelf-Debüt.

Tuchels Gedanken sind klar. Und trotzdem ist es nur logisch, dass die erneuten Umbauten in der Achillesferse Abwehr den Coach vor dem bisher wichtigsten Spiel der Saison wurmen. Denn die Worte, die der 50-Jährige Anfang der Saison geäußert hatte, hallen bis heute nach. „Sobald jemand ein bisschen die Nase vorne hat, ist unser Wunsch auf jeden Fall, eine Viererkette zu finden, in der wenig gewechselt wird“, hatte Tuchel im August gesagt – es folgten fünf Monate und 13 Formationen. Der Dauerbrenner – Davies, Kim, Upamecano, Mazraoui (8 Mal) – wurde schnell von Verletzungen eingeholt, auch die Formation Davies, Kim, de Ligt, Mazraoui (5 Mal) konnte sich nicht festspielen. Inklusive Leon Goretzka kamen sechs verschiedene Innenverteidiger zum Einsatz, dazu je vier Männer links und rechts. Konstanz sieht anders aus.

Mit Blick auf die kommenden Wochen hofft Tuchel weiterhin auf eine Stammformation. Aktuell aber gilt sein Blick nur Leverkusen. Also dem Team, dem nicht nur Manuel Neuer attestiert, „viele Spieler“ in den eigenen Reihen zu haben, „die Tore schießen können oder die in irgendeiner Weise an Toren beteiligt sind. Sie geben nie auf“, sagte der Bayern-Kapitän, von dem es keine guten Nachrichten gab: Wegen leichter Knieprobleme trainierte er auch gestern individuell. Trotzdem ist ein Einsatz nach Informationen unserer Zeitung aktuell nicht in Gefahr. Gut so, denn: Ein Torwarttausch wäre das Letzte, das Tuchel noch braucht.

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