Mark Nzeocha hat von 2017 bis 2021 bei den San Francisco 49ers gespielt. 2022 stand Nzeocha mit den 49ers im Super Bowl – und verlor ausgerechnet gegen die Kansas City Chiefs. Im Interview mit unserer Zeitung spricht der 34-jährige Ansbacher über Kabinen-Clowns, ein Offensiv-Genie und das Schlüsselduell im Super-Bowl.
Mark Nzeocha, in der Saisonvorbereitung sind Sie als Ehrenspieler mit Ihrer Familie zu einer Partie der 49ers eingeflogen worden. Die Verbundenheit ist also weiter da?
Das war ein echt heftiges Gefühl. Das hat mir unglaublich viel bedeutet. Klar, ich habe fünf Jahre dort gespielt und auch viel in diese Organisation reingesteckt, aber ich war ja kein Superstar. Und dann trotzdem diese Anerkennung zu bekommen, den herzlichen Empfang werde ich nie vergessen. Ich konnte meinen Jungs zeigen, wo Papa immer so viel Zeit verbracht hat. Jetzt bin ich wirklich ein lebenslanger Fan von den 49ers.
Gegen die Detroit Lions sah es lange so gar nicht nach dem Super Bowl aus. Sind Sie da nicht nervös geworden?
Ich weiß einfach, was die Jungs draufhaben. Wenn die 49ers alles auspacken, was sie können, sind sie nur ganz schwer zu schlagen. Die Qualität der Coaches ist überragend. Da werden meist die richtigen Anpassungen getroffen in der Halbzeit. Die Mannschaft hat in den Playoffs jetzt zweimal hintereinander Comeback-Siege gefeiert. Die sind alle aus dem richtigen Holz geschnitzt. Wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen, können sie weiter performen. Es ist wichtig, dieses Momentum mit in den Super Bowl zu nehmen.
Mit vielen aus dem aktuellen Team haben Sie auch noch zusammengespielt.
Fred Warner ist ein richtig guter Freund, mit Dre Greenlaw, Nick Bosa oder George Kittle habe ich auch Kontakt. Ich habe mit vielen von den Jungs über Jahre zusammengespielt, das schweißt zusammen für das ganze Leben.
George Kittle steht für Entertainment und Leistung. Mit ihm war es in der Kabine sicherlich nie langweilig.
Was man so in den Medien über Kittle sieht, ist auf jeden Fall komplett die Wahrheit (lacht). Der ist wirklich immer so drauf. George ist immer für einen Lacher zu haben, er sorgt dafür, dass das ganze Team lockerer wird. Solche Spieler sind enorm wichtig. Aber er macht nicht nur wie ein Clown Faxen in der Kabine, sondern er zerstört dann halt auch auf dem Feld.
Was ist für Sie der Schlüssel zum 49ers-Erfolg im Super Bowl?
Die Offensiv-Line um Trent Williams wird wichtig sein. Du musst früh den Lauf etablieren, um die Chiefs möglichst lange vom Feld zu halten. Wenn das Laufspiel bei den 49ers funktioniert, öffnet sich auf einmal das ganze Feld für die Star-Receiver. Dann werden die nur schwer zu stoppen sein.
Für Coach Kyle Shanahan gibt es viel Lob. Sie haben ihn auch erlebt.
Ich war ja von Tag eins da. In seinem ersten Jahr 2017 war ich schon bei den 49ers. 2017 und 2018 waren wirklich harte Jahre. Aber so was brauchst du als Spieler, und besonders auch als Trainer. Die Höhen und Tiefen prägen dich. In der NFL wirst du oftmals sofort wieder rausgekickt, wenn du nicht performst. Die Organisation hat Shanahan Zeit gegeben, sich zu entwickeln. Und er hat sich unglaublich entwickelt. Kyle ist ein Offensiv-Genie, der für jede Partie spezielle Spielzüge entwickelt. Ich habe es als Spieler ja gesehen, wie viel Zeit er dafür investiert, wie viel Filmmaterial er sich anschaut. Kyle ist kein fertiges Produkt, er entwickelt sich immer weiter, lernt aus jedem Fehler.
Auf der anderen Seite stehen mit Patrick Mahomes und Travis Kelce zwei Spieler, die sich nie aus der Ruhe bringen lassen. Das mussten Sie im Super Bowl schon hautnah miterleben.
Ja, leider (lacht). Das ist wirklich krass. Die Chiefs waren in der regulären Saison nichts Besonderes, eher Durchschnitt. Aber, wenn es drauf ankommt, klickt es wieder. Andy Reid bringt dann Spielzüge von vor ein paar hundert Jahren zurück, da denkst du dir als Verteidigung: Was ist denn jetzt los? Kelce und Mahomes sind genau für diese riesigen Momente gemacht. Aber ich denke, die 49ers-Defensive ist dieses Jahr auch dafür gemacht, die beiden zu stoppen.
Wie haben Sie damals den Rummel rund um den Super Bowl erlebt?
Als ich die Bilder von der Eröffnungsnacht gesehen habe, sind wieder einige Gefühle hochgekommen. In dem Moment realisierst du: Okay, jetzt geht es los, in ein paar Tagen stehst du im wichtigsten Spiel des Jahres. Das ist ein krasses Gefühl. Die Woche bis zum Super Bowl ist sehr hektisch. Der Medienrummel ist riesig. Aber du musst irgendwie versuchen, deine normale Routine aufrechtzuerhalten. Du musst versuchen, all die Show auszublenden.
Und dann investiert man so viel, um in den Super Bowl zu kommen und trotzdem reden alle nur von Taylor Swift.
Du kannst der NFL ja nicht böse sein (lacht). Taylor Swift bringt so viel Kohle rein, die hat ihre ganzen Swifties hinter sich, die sich auf einmal alle für Football interessieren. Als Football-Fan ist das vielleicht nicht immer das Schönste, aber das Business der NFL wird blühen.
Interview: Nico-Marius Schmitz