Speed-Dating mit Ismaik

von Redaktion

Investor trifft 60-Bosse, Team, Trainer und Sponsor, aber keinen e.V.-Vertreter

VON ULI KELLNER

München – Das muss man Hasan Ismaik lassen: Er ist immer für eine Überraschung gut. Erst am Sonntag hatte der Jordanier öffentlich gepoltert, bei 1860 sei eine „radikale Minderheit“ am Werk, die unabgestimmt Entscheidungen zum „Schaden“ seines Vereins treffe. Nun tauchte er plötzlich leibhaftig auf. Am Donnerstag noch in geheimer Kommandosache – bei einem Hotel-Date mit den neuen, vom e.V. eingesetzten 50+1-Geschäftsführern. Tags drauf dann medienwirksam – für ein Foto mit Profiteam und Trainerstab. Mindestens ein weiteres Treffen war danach noch geplant – mit Martin Gräfer von Hauptsponsor „Die Bayerische“.

Was hat ihn nach München geführt? Auf ein offizielles Presse-Kommuniqué wartete die Löwen-Gemeinde vergeblich. Unsere Zeitung weiß aber: Ismaik residierte diesmal nicht im Mandarin Oriental, sondern im Bayerischen Hof – und dort hat er sich am Donnerstag ab 16 Uhr mit zwei neuen leitenden Angestellten seiner Münchner Fußballfirma getroffen. Mit Christian Werner, der Sportgeschäftsführer geworden ist, obwohl ihn Ismaik zunächst als einfachen Sportchef ausprobieren wollte. Und mit Oliver Mueller, dem neuen kaufmännischen Geschäftsführer, der den von der HAM-Seite hoch geschätzten (und vom e.V. entlassenen) Marc-Nicolai Pfeifer abgelöst hat. Mueller und Werner wurden bekanntlich mittels 50+1 von der Vereinsseite eingesetzt – also gegen den Willen von Ismaik.

Freitag dann ein typischer Ismaik-Auftritt. Typisch, da unangekündigt – und mit entsprechendem Tamtam. Eine schwarze Limousine fuhr am von Ordnern bewachten 60er-Gelände vor. Es stiegen aus: Ismaik und seine Entourage (Bruder Yahya, Anthony Power), flankiert von Personenschützern. Sicher keine schlechte Idee angesichts der aufgeheizten politischen Stimmung bei „seinem“ Verein – doch in diesem Fall unbegründet. Ismaik-Hater waren zum Zeitpunkt des Geheimtrainings nicht vor Ort, nur die Mannschaft und der Stuff um den neuen Chefcoach Argirios Giannikis.

Fotos wurden geschossen, Smalltalk gemacht. Laut Löwen-Homepage „würdigte Hasan Ismaik die Leistungen der vergangenen Spiele und zeigte sich für die kommenden Partien optimistisch“. Kapitän Jesper Verlaat sagte zu unserer Zeitung: „Ich habe ihn das erste Mal getroffen.“ Viel Zeit für ein näheres Kennenlernen blieb nicht, denn kaum waren die gewünschten Fotos in den Social-Media-Kanälen hochgeladen, da war er auch schon wieder weg.

Am Nachmittag setzte Ismaik sein Speed-Dating fort: Er hatte sich mit Martin Gräfer verabredet, der nicht nur „Die Bayerische“ vertritt, sondern auch das „Bündnis für 1860“. Ziel der neuen Initiative ist es, der politischen Spaltung beim TSV entgegenzuwirken. Was dringend nötig wäre. Bezeichnend: Ein Treffen mit e.V.-Vertretern war nicht vorgesehen – und die Chance auf ein Spontantreffen wurde verschenkt. Üblich ist ja, dass sich das Präsidium freitags um 14 Uhr zu einem Jour fixe mit den Geschäftsführern trifft. Ismaik hielt es aber gar nicht so lange an der Grünwalder Straße aus. Und sein Hauptgegner wäre diesmal eh nicht erschienen. Präsident Robert Reisinger hatte einen Notartermin – es ging darum, den von HAM nicht gewollten Finanzchef Mueller wasserdicht im Handelsregister eintragen zu lassen. Ismaik hatte zuletzt die Rechtmäßigkeit der Bestellung in Zweifel gezogen.

Seinen Spontanbesuch in München hat er angeblich noch am Abend beendet. Sich am Sonntag mal im Grünwalder Stadion blicken zu lassen, schien keine ernsthafte Erwägung gewesen zu sein. Er drückt den Löwen aber die Daumen. Verlaat: „Er hat uns viel Glück gewünscht.“

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